23/09/2021
Steirische Sauvignons sind Weltspitze
Die große Vinaria (Österreichisches Weinmagazin) fürVerkostung Sauvignon Blanc 2020 und Vorjahre bestätigt eindrucksvoll, dass die besten Sauvignons made in Styria zur Weltspitze gehören. Die anderen Weinbauregionen holen auf.
In der Steiermark wurde mit Sauvignon Blanc ausgiebig experimentiert. Einer anbiedernd „fruchtelnden“ Phase, wie die Steirer zu sagen pflegten, folgte das krasse Gegenteil: Mitunter hatte man das Gefühl, Weintrinken müsse Schmerzen bereiten. Diese spaßbefreite Ära der hyperreduktiven Sauvignons ist zum Glück ebenfalls ausgestanden. Auch ein Übermaß an neuem Holz hat dezenten Eichennoten Platz gemacht. Die guten Weinmacher schaffen es, Trinkspaß, Ernsthaftigkeit, Wertigkeit und Lagerpotenzial unter einen Hut zu bringen. Dass es dafür kein Einheitsrezept gibt, ist im Interesse der Vielfalt zu begrüßen, schließlich führen viele Wege nach Rom.
Zur Verkostung waren drei Jahrgänge ausgeschrieben, die insgesamt als gut bis sehr gut zu bewerten sind, aber hinsichtlich der Witterung doch grundverschieden waren: 2020, 2019 und 2018 sowie Nachzügler aus 2017. Mindestalkohol 12,5 % vol.
Sieht man sich die Liste der am höchsten bewerteten Weine genauer an, stellt man fest, dass die Steiermark erdrückend dominant ist. Das ist insofern verständlich, als Sauvignon Blanc in vielen anderen Weinbaugebieten die Rolle eines Nischenprodukts spielt. Der beste Nicht-Steirer war der druckvolle, vielschichtige und höchst eigenständige 2020er Steinmühle von Kollwentz aus Großhöflein; mit 16,6 Punkten ist er der Jahrgangsbeste überhaupt. Minimal dahinter platzierte sich das gleich alte, trinkanimierende Federspiel von Franz-Josef Gritsch aus Spitz in der Wachau.
Profis und Weltmeister
An der Spitze der Wertung finden sich renommierte Weingüter, die seit Jahren eine glückliche Hand für Sauvignon Blanc haben. Gewonnen hat heuer Stefan Krispel aus Straden im Vulkanland Steiermark mit dem eleganten und glasklar strukturierten 2017er Ried Hochstrandl. Da ist nichts Anbiederndes oder Vorlautes, der Wein ist auf eine gleichsam selbstverständliche Art ganz große Klasse. Dieser engagierte Winzer, der auch in anderen Disziplinen sattelfest ist, brachte insgesamt vier Weine an den Start, die im Minimum mit 16,1 Punkten bewertet wurden. Der Ortswein Straden erreichte 17,0.
Drei Weine von „Mr. Sauvignon“ Walter Skoff aus dem südsteirischen Gamlitz schafften es ins Finale. Der minimalst von Holz unterlegte, hochpräzise 2018er Ried Hochsulz landete auf dem zweiten Platz. Nur 0,3 Punkte weniger gab die Jury dem vom extrem kalkhaltigen Boden geprägten, gleich alten Ried Obegg. Die feine Linie, die dieser Winzer fährt, zeigt sich auch im 2019er Ried Sulz, benotet mit 17,4 Punkten.
Seine aufsteigende Form erneut bestätigt hat das Weingut Kodolitsch vom Seggauberg bei Leibnitz. Mit dem komplexen 2019er Ried Kogelberg Alte Reben hat der junge Kellermeister Mario Weber gezeigt, was man aus dieser hoch gelegenen, kalkfreien Lage mit rotem Schiefer herausholen kann. Auch sein Ortswein Kitzeck-Sausal stammt von kristallinen Böden und wusste zu überzeugen.
Reinhard Muster aus Gamlitz gehört längst zu den Aushängeschildern für Sauvignon Blanc aus der Grünen Mark. Mit seinem 2018er Ried Grubthal verfehlte er Platz drei nur um einen Zehntelpunkt. Dieser druckvolle und vielschichtige Wein ist noch sehr jung und erfahrungsgemäß lange lagerfähig. Mit dem „Reverenz“ lieferte er einen der Jahrgangsbesten von 2020 ab.
Ganz knapp hinter Musters Grubthal platzierten sich ex aequo Weine der etablierten Winzer Frauwallner aus Straden, Stefan Potzinger aus Gabersdorf in der Südsteiermark und Tschermonegg aus Glanz. Neben dem 2019er Ried Buch von Walter Frauwallner wurde auch sein gleich alter Stradener Rosenberg hoch bewertet. Das Weingut Potzinger war gleichfalls mehrfach erfolgreich. Neben dem 2019er Ried Leutschacher Czamillonberg, einem feingliedrigen und dabei kraftvollen Wein, haben sein um ein Jahr jüngerer Bruder, die 2018er Fassreserve Joseph Ried Sulz, sowie der „Tradition“ von 2020 reüssiert.
Erwin Tschermonegg und sein Sohn Franz-Josef haben gleich sechs Weine an den Start gebracht, wobei sich der Ortswein „Gamlitz“ aus 2018 als Primus inter Pares erwiesen hat, ganz knapp dahinter sein um ein Jahr jüngerer Bruder; gleichfalls sehr ansprechend war der 2020er. Der sehr gute 2017er Ortswein klassischer Prägung zeigte Standfestigkeit. 17,2 Punkte wert war uns der feinfühlig vinifizierte Ried Oberglanzberg von 2018, der 2019er Ried Lubekogel brachte es auf 16,1 Punkte.
Vier Weine von 2019 und einen von 2020 nominierte das Weingut Wohlmuth aus Fresing im Sausal. Nahezu gleichauf im Spitzendfeld landeten die beiden 2019er Ried Edelschuh und Ried Steinriegl, elegante, vom kristallinen Boden geprägte Weine. Diese unaufdringliche, noble Stilistik weiß zu begeistern.
Werner Schwarz aus Kitzeck konnte mit allen drei Weinen überzeugen. Die Nase vorn hatte der 2019er Ried Wunsum, ein nobler Wein mit Tiefgang und Terroir. Als gleichsam zeitlos ist sein Bruder von 2017 zu umschreiben, dem der Schieferboden einen mineralischen Touch verleiht. Auch der noch junge Ortswein Kitzeck-Sausal lässt diesen Untergrund erkennen.
Ebenfalls sehr gut schnitt das Weingut Schauer aus Kitzeck abt, das vier Proben vorgelegt hatte. Ins Finale schaffte es der 2018er Ried Gaisriegl, ein puristisch anmutender, steiniger Wein, der den kristallinen Boden glockenklar zum Ausdruck bringt. Das Landesweingut Silberberg war mit drei Startern vertreten. Klar die Nase vorne hatte der kalkig-kreidige, spannungsgeladene 2019er Meletin aus biologischem Anbau. Der kühle und präzise 2020er Ried Steinbruch präsentiert sich klassisch und kündet auf seine Art vom Boden, was auch für den Ortswein Kitzeck-Sausal gilt.
Völlig überzeugt haben der harmonische 2019er Ried Grassnitzberg von Matthias List und der elegante 2017er „Mann im Mond“ vom Weingut Scharl, beide mit 17,5 Punkten bewertet. Auch der um zwei Jahre jüngere „Auron“ von Scharl ist uneingeschränkt zu empfehlen. Ebenfalls im Finale vertreten war der extrem vom Boden geprägte, dunkelwürzige 2019er Ried Seindl vom Weingut Müller in Klöch. Mit 17,4 Punkten gleich bewertet wurde der sortenaffine und frische 2018er Ried Kranachberg vom Weingut Trabos aus Gamlitz. Knapp dahinter platzierte sich der gleich alte Ried Hochsulz Alte Reben vom Weingut Dreisiebner Stammhaus an der Südsteirischen Weinstraße.
Das Weingut Polz aus Spielfeld brachte beide eingereichten Weine ins Finale, wobei schlussendlich der vom Schieferboden erzählende Ried Theresienhöhe, Ausgabe 2019, den gleich alten Sauvignon von der extrem kalkhaltigen Ried Hochgrassnitzberg übertrumpfte. Peter Skoff aus Gamlitz bewies mit insgesamt neun Weinen (drei davon vom Gut Kasper) seine große Kompetenz in Sachen Sauvignon Blanc – vom Ortswein über diverse Riedenweine bis zum Naturalwein. Ein wiederum überzeugender Auftritt gelang Bernd Stelzl aus Leutschach. Seine drei Weine rangieren zwischen 16,1 und 17,2 Punkten. Allen sind Herkunft und Sortencharakter zu attestieren.
Polarisiert haben die beiden Sauvignons von Erwin Sabathi von 2019. Sie sind präzise strukturiert und zeigen Tiefgang. Dem Wein aus der Ried Pössnitzberg wurde burgundischer Charakter attestiert, die Alten Reben aus diesem Weingarten zeugen von ihrer Herkunft. Beide Weine sind noch (zu) jung, ihr Lagerpotenzial ist sehr hoch einzuschätzen.
Deshalb Weltklasse
Dem Gros der Weine im Spitzensegment ist Herkunftscharakter zu attestieren. Blind verkostet lassen sie den Boden erkennen, auf dem die Reben wachsen. Ob Meeressedimente à la Opok in Teilen der Südsteiermark, kristalliner Untergrund wie im Sausal oder verwittertes Gestein vulkanischen Ursprungs – die besten Sauvignons sind nie breit oder schwerfällig.
Textquelle: VINARIA
Foto: Pixabay.com