Freilich war vor und bei unserem Erscheinen die Frage berechtigt, was einen Besitzer und eine Gruppe von Redakteuren bewogen habe, dieses schwierige Unternehmen anzugehen, gab es doch bereits eine gern gelesene und gut gehende Tageszeitung und dazu eine Wochenzeitung, die den Anspruch erhob, das kritische LeserInnenpublikum abzudecken und zu befriedigen. Für uns war aber die Zeit gekommen, nach J
ahren des Volkstumskampfes, nach Jahren der Volk-in-Not-Stimmung, die eine starke (Volks)-Partei gegen den bösen Staat und in der Folge eine Zeitung rechtfertigten, auch der Demokratie, dem Pluralismus, der Vielfalt im weitesten Sinne des Wortes die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Mit der Gründung der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“ wollten wir die Fenster und Türen öffnen, Erneuerung und frischen Wind bringen. Wir wollten die Vielfalt statt der Einfalt, wir wollten Freiheit und Pluralismus, wir wollten all jenen eine Stimme geben, die bisher keine hatten – und das waren und sind viele. Wir wollten und wollen ganz einfach eine andere Tageszeitung machen, eine freie, laizistische, nicht klerikale, liberale, libertäre, parteiunabhängige, transethnische, eine Zeitung, in der auch das breite Spektrum der alternativen Kultur zu Wort kommt, das immense kreative Potential, das uns auszeichnet, die ExponentInnen aller Parteien – ich sage aller –, die der Mehrheit genauso wie die der Minderheit. Für die Redakteurinnen und Redakteure der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“ hat der Grundsatz zu gelten: Wir schreiben vor, andere schreiben nach (und ab). Mit ihrer oft überspitzten, oft auch verwegenen Art zu berichten, aufzudecken, anzuklagen, ist die „Tageszeitung“ heute eine Zeitung, die Erwartungen weckt, von der man sich etwas Besonderes erwartet. Die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ ist eine bunte Zeitung, ab und zu etwas frivol, sie hat keine Angst vor der Nacktheit und fürchtet sich nicht vor der rosa Chronik. Sie veranstaltet die Wahl schöner Frauen und schöner Männer mit, bringt Tratsch und Horoskop und versucht einen Grenzgang zwischen Boulevard und aufgeklärter Kirchenzeitung, den Armen und Geknechteten verpflichtet, der Gerechtigkeit, allen Minderheiten, dem ethnischen Frieden und dem friedlichen Zusammenleben, dem freien Markt und den Prinzipien der großen Liberalität in allen Bereichen. Wir fühlen uns auch als Aufklärer, als kleiner Club Voltaire, der dazu beiträgt, Hirne und Herzen zu öffnen.