24/09/2024
Fortsetzungsroman. Die nächste Folge von Alban Nikolai Herbsts »Briefe nach Triest« gibt´s am Donnerstag live und im livestream auf der Vagantenbühne in Berlin. Autoren im Gespräch: ANH mit Hendrik Jackson.
Und so geht´s los:
»Notwendigerweise wirst Du dich nicht erinnern, aber einige Wochen, nachdem es bei Euch zu den ersten mysteriösen Geschehnissen kam, an denen ich selbst wahrscheinlich nicht unbeteiligt sein werde, wird im MUSEO REVOLTELLA eine Venere di carsomare ausgestellt werden. Das ist bislang natürlich nur eine Idee. Wäre es aber jetzt schon geschehen, hättet Ihr sie Euch ansehen wollen, Lars und Du, als er zum ersten Mal in Triest war, obwohl Ihr diese Venus erst mit Zandomeneghis Venere di trieste verwechselt hättet, der Brunnenvenus am Rand der Piazza Unita d’Italia. Freilich hättet Ihr dann nicht gewußt, was Ihr bei ihr sollt. Es heißt ja nicht von ungefähr, sie habe, wie ihre quasi Schwester, die Thetisfigur an der Nordseite des Lloydgebäudes, seit dem September 1938 ihre Strahlkraft verloren. So daß Triest einer neuen Liebesgöttin schon seit langem bedurfte, einer zumal, die ein solches Geheimnis wie jene umgebe. Wobei sie, von der Ihr in wahrscheinlich IL PICCOLO, Deiner Tageszeitung, gelesen hättet, allerdings einiges Unbehagen ausgelöst habe, eine ganz gewiß irrationale Furcht, die sich dennoch physisch geäußert – nämlich bei nicht wenigen Betrachtern als sozusagen spontane, was Ihr sofort komisch gefunden hättet, Bindehautentzündungen. Insofern konnte die Brunnenvenus eigentlich gar nicht gemeint sein. Doch wäret Ihr eh zu spät von der Grotta gigante zurückgekommen und tags darauf hätte Euch anderes, Intimeres, abgehalten. Danach wär es zu spät gewesen, weil Lars zurück nach Berlin mußte. Dies aber allein als einen Vorgriff erzählt – wie wenn er Erinnerung wäre.«