15/10/2024
10. Beitrag zum Thema Lernen
Lernumgebung und Lehr- und Lernlösungen
Die Lernumgebung
Eine Lernumgebung sollte ein Ort zum Wohlfühlen sein, d.h. hell sein, angenehm riechen (frische Luft ist wichtig), gut temperiert und nicht zu laut sein. Mit Ruhe lernt es sich am besten. Eine Lernumgebung sollte ferner aufgeräumt und störungsfrei sein. Es empfiehlt sich, Handys auszuschalten bzw. auf lautlos zu stellen. Eine Lernumgebung sollte auch sicher sein bzw. Sicherheit vermitteln. Die Lösung von Konflikten und die Verhinderung von Gewalt sind wichtige Faktoren für die Schaffung einer sicheren Lernumgebung. Dies gilt für Lernende als auch für Lehrende.
Wie mit dem letzten Satz schon angedeutet wird, gibt es nicht nur schüler- bzw. lernerzentrierte Lernumgebungen, die sich auf das Vorwissen und Fähigkeiten der Lernenden als auch auf die sich auf die einzelnen und kollektiven Lernenden und ihre Bedürfnisse konzentrieren, sondern auch wissenszentrierte, bewertungs- und gemeinschaftszentrierte Lernumgebungen.
Wissenszentrierte Lernumgebungen konzentrieren sich vor allem darauf, den Lernenden Wissen zu vermitteln, das für ein umfassendes Verständnis und einen späteren Transfer notwendig ist. Für die Umsetzung des Lernens können auch die im Kapitel bereits aufgezählten Lernmethoden von Wichtigkeit sein, als auch die Lernstrategien wie Metakognition oder Selbstreflexion. Im Rahmen des digitalen Lernens spielen hierbei die Lernlösungen wie Video-Konferenzen (VC), Lernmanagement-Systeme (LMS) und Content-Managemnt-Systeme (LMS) eine wichtige Rolle. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass diese Systeme auch erst „erlernt“ und eingeübt werden müssen.
Bewertungszentrierte Lernumgebungen legen den Schwerpunkt auf eine laufende Bewertung des Lernprozesses. Von Wichtigkeit ist dabei, dass die Denkprozesse des Lernenden sichtbar gemacht werden. Gerade durch Feedback, Korrektur und Reflexion kann der Lernprozess des Einzelnen hinsichtlich der definierten Lernziele ständig überprüft, modifiziert und angepasst werden.
Mit gemeinschaftszentrierten Lernumgebungen wird der Tatsache Rechnung getragen, dass jedes Lernen in einer Gemeinschaft (Community) stattfindet. Gerade die Entwicklung von Normen und Werthaltungen ist eingebettet in einem bestimmten kulturellen und gesellschaftlichen Rahmen, der sich auch auf das Lernen auswirkt. Communities können sich dabei in der Familie genauso bilden wie in der Schule oder in der beruflichen Weiterbildung. Wichtiges Prinzip nimmt darin die verteilte Expertise ein, die eine erfolgreiche Problembearbeitung ermöglicht. Gerade die Interaktion mehrerer Personen mit unterschiedlichem Wissenstand fördert den Wissenserwerb. Dabei können ebenfalls Video-Konferenz- oder auch Audiokonfernz-Systeme bzw. andere Systeme, die für eine Interaktion förderlich sind, hilfreich sein. Dabei darf jedoch der individuelle Wissenserwerb nicht außer Acht gelassen werden.
Sie merken sicherlich, dass sich der Begriff Lernumgebung sich nicht nur auf das Örtliche, und Physiche bezieht, sondern ebenfalls psychologische, pädagogische und didaktische Faktoren mitberücksichtigt. Und wenn man sich mit dem Thema betriebliche Weiterbildung bzw. Lernen in Unternehmen beschäftigt, begegnen einem die Begriffe
- Lernen /Training on the job
- Lernen/Training near the job
- Lernen/Training by the job
- Lernen/Training of the job
- Lernen/Training into the job.
Gelernt wird auch bei Job-Enlargement-, Job-Inrichment- oder Job-Rotation-Konzepten, die in Unternehmen Anwendung finden.
Damit wird klar, dass damit auch unterschiedliche Lernumgebungen angesprochen werden bzw. ausgerichtet werden müssen. Eine Einarbeitung an einer Maschine im Betrieb (Training on the job) wird wohl mit einer anderen Geräuschkulisse verbunden sein, als ein Lernen in einem Schulungsraum in einem Weiterbildungsunternehmen (Training of the job) oder in einer Lehrwerkstatt. Und der Meister vor Ort verfügt möglicherweise über andere didaktische Kenntnisse und Möglichkeiten, als der Schulungsleiter, der entsprechende Mitarbeiter z.B. auf einen Abschluss vorbereitet. Dies betrifft sicher auch die angewandten Lernmethoden und zur Verfügung stehenden und angewandten Lehr- und Lernlösungen, die ein sog. "Lernsetting" ausmachen können.
Lehr- und Lernlösungen
Im Folgenden werden die Lehr- und Lernlösungen Videokonferenzen (VC), Lernmanagement-Systeme (LMS) und Content-Management-Systeme (CMC) in Kürze vorgestellt:
Bei einer Videokonferenz (VC) befinden sich die Teilnehmer einer Besprechung an verschiedenen Orten. Durch moderne Technik sind sie optisch und akustisch miteinander verbunden. Die parallele Bild-, Ton- und Datenübertragung einer Videokonferenz ermöglicht die persönliche Kommunikation mehrerer Teilnehmer*innen. Meetings müssen also nicht mehr „real“ an einem Ort stattfinden, sondern können virtuell und ortsunabhängig durchgeführt werden. Bei diesen virtuellen Meetings werden Technologien eingesetzt, mit denen die Teilnehmer über eine Internetverbindung per Video und Audio miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten können. Sie ermöglichen Echtzeit-Interaktionen zwischen dezentral arbeitenden Mitarbeitern und damit auch wertvolle Lerneffekte. Videokonferenzen können auch per Handy durchgeführt werden.
Ein Lernmanagementsystem (LMS) ist eine Softwareanwendung mit der man Schulungs- und Weiterbildungsprogramme planen, bereitstellen, automatisieren, verfolgen und verwalten kann. Unternehmen setzen LMS-Software ein, um die Aus- und Weiterbildung für ihre Beschäftigten interaktiver und zugänglicher zu gestalten und so die Mitarbeiterqualifikation, Compliance, Mitarbeiterbindung und Produktivität zu verbessern. Ein Lernmanagement ist heute deshalb wichtig, weil demographische Veränderungen, innovative Technologien, neue Vorschriften, ein stark umkämpfter Arbeitsmarkt zu Fachkräftemangel und Kompetenzlücken führen. So machte ich schon in meiner Beitragsreihe „Künstliche Intelligenz (KI)“ darauf aufmerksam, dass es einmal zu neuen Berufsbilder durch KI kommt, andererseits bestehende Berufsbilder mit entsprechenden Inhalten ergänzt werden (müssen). Hierbei könnten entsprechende Job-Enlargement- und/oder Job-Inrichment-Konzepte hilfreich sein. Aber auch die Learning Management Systeme selbst enthalten häufig KI-Elemente. Damit sind sie sehr lern- und anpassungsfähig.
Ein Content-Management-Systeme (CMS) - auch Inhaltsverwaltungssystem genannt - ist eine Software oder ein Service zur gemeinschaftlichen Erstellung, Bearbeitung, Organisation, Darstellung und Auslieferung digitaler Inhalte (Content) zur Verwendung z.B. in Webseiten, Apps. Digital Signage und anderen Medienformen. Je nach Umfang und Ausrichtung der Systeme variieren die Funktionen für unterschidliche Nutzgeruppen oder überlassen sie teilweise anderen Software-Systemen. Die Qualität eines Content-Management-Systems misst sich besonders in der reibungslosen und unabhängigen Nutzung durch diese sehr unterschiedlichen Nutzergruppen (Leser/Kunden, Autoren, Entwickler, Betriebsmitarbeiter etc.). Viele CMS legen besonderen Wert auf eine medienuntertstützte Datenhaltung, die das Erstellen von Inhalten neben HTML auch für andere Medienformate unterstützt.
Kompetenzen des lehrenden Personals werden benötigt
Für den Aufbau und Erhalt der hier genannten Lernumgebungen sowie Nutzung der Lehr- und Lernlösungen benötigen die Lehrenden - je nach benötigter und zu gestaltender Lernumgebung - entsprechende Fachkompetenzen, didaktische Kompetenzen, Medienkompetenzen, Interaktions- und Kommunikationskompetenzen als auch eine gewisse Technik- und IT-Affinität. Darüber hinaus sollten sie ein positives Modell bieten* sowie Multiprofessionalität anstreben und dafür ggf. ihre Rollen erweitern (Vorbild sein, als Vorgesetzte auch Coach oder Lernbegleiter sein können, etc.).
*siehe diesbezüglich auch die Lerntheorien Kognitivismus und Konstruktivismus aufgezeigt in den Beiträgen vier und fünf dieser Beitragsreihe.