06/01/2025
15. Beitrag zum Thema Lernen
Change Management
Das Change Management wird für geplante Veränderungsprozesse genutzt, um von einem Ausgangszustand zu einem fest definierten Zielzustand zu gelangen. Die Veränderungsprozesse sind mit Lernprozessen verbunden. Der Fokus im Change Management liegt vor allem auf der Prozessorientierung, der Evolution sowie großflächigen Veränderungen innerhalb eines Unternehmens. Hierbei geht es um eine Weiterentwicklung aus dem Inneren, mit tatkräftiger Unterstützung durch alle Beteiligten. Auch äußere Einflüsse können hierbei eine Rolle spielen. Change Management eignet sich zum Planen, Umsetzen und Kontrollieren von Veränderungsmaßnahmen. Beim Change Management liegt der Fokus hautsächlich auf eher technisch- bzw. fachlichorientierten Themengebieten. Dabei stehen meistens sachliche Aspekte im Vordergrund, wie zum Beispiel eine Kostensenkung oder eine Verbesserung des Qualitätsmanagements.
Beim Change Management geht man methodisch vor und beginnt dabei häufig bei der inhaltlichen sowie fachlichen Diagnose und Analyse. Anschließend geht man dann über die Zieldefinition hin zur Konzeption, Umsetzung und Kontrolle von Veränderungs-maßnahmen. An diesem Punkt werden vor allem die äußeren Aspekte berücksichtigt, wie etwa die derzeitige Lage auf dem Markt, die Umwelt oder die Politik.
Planung, Steuerung und Kontrolle sind die Basis für ein erfolgreiches Change Management. Ein Change Manager steuert den Veränderungsprozess, sei es die Einführung eines CRM-Systems oder eines neuen Zeiterfassungssystems, mit Hilfe von Methoden, Konzepten und Werkzeugen. Ein Change Prozess ist meistens zeitlich begrenzt. Die Mitarbeiter*innen werden dabei mit einbezogen, da gerade Unsicherheiten und Ideen bezüglich der Veränderung offen kommuniziert werden sollten, um interne Hindernisse schon im Vorhinein zu vermeiden.
Die Phasen eines Change-Management-Prozesses
Hier kommt das Drei-Phasen-Modell nach Kurt Lewin wieder ins Spiel, welches auch für die Organisationsentwicklung eines Unternehmens angewandt wird (siehe 13. Beitrag dieser Beitragsreihe). Sie erinnern sich. Die drei Phasen sind:
1. Auftauen (Unfreezing). Während der Auftauphase helfen Sie Ihrem Team oder Unternehmen, seine Aversion gegenüber anstehenden Veränderungen zu überwinden
2. Verändern (Changing)
3. Einfrieren (Refreezing).
Das komplexere Modell nach Kotter ist ein Ansatz, der zwar wiederum über drei Phasen verfügt, in denen sich aber acht Stufen enthalten sind. Die Gestaltung der Veränderung wird dabei wie folgt strukturiert:
Phase 1: Gemeinsames Verständnis entwickeln
Stufe 1: Gefühl der Dringlichkeit vermitteln
Bewusstsein für die Notwendigkeit des Wandels schaffen
Den Status quo in Frage stellen
Die Betroffenen involvieren und zum Überlegen anregen: Was würde passieren, wenn die Veränderung nicht vollzogen wird? Welche Möglichkeiten ergeben sich daraus?
Attraktivität der Veränderung herausstellen
Möglichkeit für Fragen und Diskussionen einräumen
Stufe 2: Führungskoalition aufbauen
Ein Führungsteam bilden, das für die Veränderung zusammenarbeitet (im Idealfall aus Mitarbeitern mit unterschiedlichen Kompetenzen)
Alle relevanten Informationen für eine gute Entscheidungsgrundlage präsentieren
Stufe 3: Vision und Strategie entwickeln
Eine klare und gut eingängige Vision formulieren
Über die unmittelbaren Ziele der Organisation hinausblicken
Gemeinsames Verständnis der Richtung der Veränderung erzeugen
Phase 2: Einbinden und Ermutigen der Mitarbeiter
Stufe 4: Vision kommunizieren
Jede Gelegenheit nutzen, die Vision über verschiedenste Kanäle zu kommunizieren. Das Führungsteam sollte sich nach dem Motto „Führung durch Vorbild“ verhalten und die erwünschte Veränderung vorleben. Unsicherheiten und Ambiguitäten sollen auf diese Weise reduziert und Akzeptanz der Veränderung gefördert werden.
Stufe 5: Hindernisse aus dem Weg räumen
Der Frage nachgehen: Was steht dem Change noch im Weg?
Zu den typischen Hindernissen gehören unpassende oder fehlende Strukturen, mangelnde Skills, ungeeignete oder fehlende Systeme
Mitarbeitenden zu risikofreudigen Handlungen und Ideen motivieren
Stufe 6: Kurzfristige Erfolge sichtbar machen
Schnell erreichbare Erfolge oder Fortschritte planen und aufzeigen
Die Arbeit mit Belohnung anerkennen, die von den Mitarbeiter*innen zur Erreichung der Ziele geleistet wird.
Phase 3: Aufrechterhaltung der Veränderung
Stufe 7: Veränderung weiter antreiben, nicht nachlassen
Durch erste Anzeichen von Verbesserung nicht zu schnell auf den generellen Erfolg schließen. Kurzfristige Gewinne nutzen, um noch bestehende Probleme und Veränderungen anzugehen und die Motivation hoch zu halten.
Stufe 8: Veränderungen in der (Unternehmens-)Kultur verankern
Neue Verhaltensweisen in sozialen Normen und gemeinsamen Werten verwurzeln
Den Mitarbeitern zeigen, wie die neuen Ansätze, Verhaltensweisen und Einstellungen zur Verbesserung der Leistung beigetragen haben
Die Ziele der neuen Verhaltensweisen weiterhin kommunizieren.
Das 7-Phasen-Modell nach Kübler-Ross und Streich spiegelt die emotionalen Verfassung des Personals und berücksichtigt insbesondere mögliche Störungen im Verlauf von Veränderungsprozessen. Im Folgenden eine kurze Beschreibung der einzelnen Phasen:
Phase 1: „Schock „
Die Ankündigung einer unerwarteten Veränderung löst zunächst einen Schockzustand aus. Dies kann sich in einer Art Lähmung oder Verwirrung äußern und ist oft von einem deutlichen Produktivitätsrückgang begleitet.
Phase 2: Ablehnung
Nach dem anfänglichen Schock folgt oft eine Phase der Ablehnung. In dieser Phase lehnen die Betroffenen die Veränderung ab, oft aus Angst vor dem Unbekannten oder Verlust. Diese Ablehnung kann sich in verschiedenen Formen äußern, von passivem Widerstand bis hin zu offener Rebellion.
Phase 3: Rationale Akzeptanz
Obwohl die Betroffenen die Unausweichlichkeit der Veränderung rational erkennen, fehlt in dieser Phase oft noch die emotionale Akzeptanz. Es ist eine Übergangsphase, in der die Menschen beginnen, sich mit der Realität der Situation auseinanderzusetzen.
Phase 4: Emotionale Akzeptanz
Diese Phase markiert einen Wendepunkt, in dem die Betroffenen beginnen, die Veränderung auch emotional zu akzeptieren. Sie erkennen, dass sie sich anpassen müssen, was jedoch oft mit einem Gefühl der Hilflosigkeit einhergeht.
Phase 5: Lernen
In dieser Phase werden neue Verhaltensweisen und Prozesse ausprobiert. Es ist eine Zeit des Experimentierens, des Lernens aus Fehlern und des Erlebens erster Erfolge. Diese Phase ist entscheidend für die Entwicklung neuer Fähigkeiten und Kompetenzen.
Phase 6: Erkenntnis
In dieser Phase beginnen die Betroffenen, die positiven Aspekte der Veränderung zu erkennen und zu schätzen. Sie entwickeln eine positive Einstellung zur Veränderung und sehen die Notwendigkeit sowie den Nutzen der neuen Situation.
Phase 7: Integration
Die letzte Phase beinhaltet die vollständige Integration der Veränderung in den Alltag. Die neue Situation wird als Normalität akzeptiert, und die anfängliche Angst und Ablehnung weichen einer vollständigen Akzeptanz.
Die Rolle eines Change-Managers / einer Changemanagerin
Nach Streich ist die Fähigkeit, Veränderungs-Vorhaben in Unternehmen auf Organisations-, Team- und Individualebene zu erkennen und erfolgreich zu bewältigen, ein zentraler Faktor für die Entwicklung zu einer Führungspersönlichkeit. Die Führungskraft wird hierbei näher in der Rolle eines Change-Managers bzw. einer Change-Managerin betrachtet. Die dabei notwendigen Change-Prozessmanagement-Kompetenzen sind eine Schlüsselvariable für den beruflichen Aufstieg. Hiermit wird auch deutlich, dass die Begleitung von Change-Vorhaben und die Rolle eines Change-Managers / einer Change-Managerin erlernt werden muss. Also nicht nur die Mitarbeitenden müssen Neues lernen, sondern auch die Führungskräfte. Diese Forderung wurde ja bereits im 12. Beitrag dieser Beitragsreihe „Aufbau einer starken und aktiven Lernkultur in Unternehmen“ im Detail erörtert.
Abgrenzung: Change-Management vs. Organisationsentwicklung
Auch wenn Organisationsentwicklung und Change Management einander in bestimmten Bereichen ähneln, unterscheiden sie sich doch in ihrer Herangehensweise und Umsetzung. Auch Ihre Ziele sowie die Gründe, die eine Notwendigkeit zur Veränderung heraufbeschwören, sind in der Regel unterschiedlich. Change Management versteht sich auf (große) Veränderungen in möglichst kurzer Zeit, während die Organisationsentwicklung sich für schrittweise Anpassungen über einen langen Zeitraum eignet.
Wenn man eine Organisation ganzheitlich betrachten und weiterentwickeln will, auch wenn noch kein konkretes Ziel definiert ist und der Fokus dabei mehr auf dem Prozess sowie der Beteiligung der Mannschaft liegt, um das Unternehmen organisatorisch weiterzuentwickeln, ist die Organisationsentwicklung das richtige Werkzeug. Wenn man hingegen eine konkrete Veränderung umsetzen will, bei der die Ziele und Meilensteine eines Unternehmens eindeutig definiert sind, kommt eher ein Change-Prozess und somit ein Change-Management in Frage.
Für beide Instrumente gilt jedoch in Bezug auf das Thema Lernen: (Neues) lernen und (Altes, nicht mehr Gültiges oder Überflüssiges) entlernen. Eine lernende Organisation, die sich von innen heraus immer weiterentwickelt, wird sich leichter damit tun, dringend notwenige Veränderungen zeitig umzusetzen.
Gründe für ein Changing gibt es genug
Wer kennt nicht das Zitat von Henry Ford: „Wer immer nur das tut, was er schon immer getan hat, wird immer nur das bekommen, was er schon immer bekommen hat“. Dieser Satz gilt auch für Unternehmen. Er weist auf die Notwendigkeit von Veränderungen hin. Auch das Zitat von Erich Kästner „Stillstand bedeutet Rückschritt“, das bereits beim Thema Lernende Organisation von mir angeführt worden ist, weist in die gleiche Richtung. Doch da gibt es noch einen anderen Satz, nämlich „Never change a running System“, der aus der IT-Branche stammt und in etwa bedeutet: „Verändere nie ein laufendes System“. Dieser meint, dass Veränderungen für ein funktionierendes System nur Probleme mit sich bringen. Dieser Leitsatz wird häufig – obwohl er auch eine gewisse Berechtigung hat – benutzt um Veränderungen von vornhinein abzublocken oder zeigt sich als Innovationsbremse (vgl. hierzu die Phasen zwei und drei nach dem 7-Phasenmodell von Kübler-Ross und Streich). Und ohne Veränderungen würden wir heute immer noch mit Pferdekutschen fahren und keine Handys nutzen. Von daher ist es leicht nachzuvollziehen, dass er in der IT-Branche – wo er teilweise seine Berechtigung hat - nicht mehr gerne gehört wird. Denn gerade im IT-Bereich wurde und wird eine Vielzahl neuer Systeme wie CRM-Systeme, Zeiterfassungssysteme, CMS, LMS, KI-Anwendungen* und viele andere entwickelt.
Gerade Deutschland benötigt ganz dringend Innovationen und Bewegungen. Da gibt es eine Menge von makroökonomischen Gründen, auf die dringend mikroökonomisch reagiert werden muss. Deutschland braucht auch neue Geschäftsmodelle, da die alten nicht mehr funktionieren bzw. bald nicht mehr funktionieren werden.
Die Ökonomin Ulrike Malmendier (Wirtschaftsweise) weist darauf hin, dass es bei der hiesigen Wirtschaftskrise nicht nur um eine vorübergehende Wachstumsschwäche gehe, sondern um tieferliegende Probleme. Schlecht seien ja nicht nur die aktuellen Konjunkturdaten, sondern vor allem jene Indikatoren, die in die Zukunft weisen. Es fehle an Erfindungen, an Investitionen, an neuen Mitspielern auf dem Weltmarkt und an Leuten, die für künftigen Wohlstand sorgen könnten. Die Zahl neuer Patente aus Deutschland stagniere seit Jahren, während die Volksrepublik China mit 20.735 Patente – also fünf mal mehr als im Jahr 2014 – anmeldete. Die Investitionsquote, so Malmendier, läge in Deutschland zuletzt bei weniger als 12 Prozent des BIP, deutlich niedriger als in anderen Industrienationen. Hinzu käme noch der demographische Wandel: 100 Arbeitnehmer*innen in Deutschland ständen derzeit 46 Renter*innen gegenüber. Bei jetziger Bevölkerungsentwicklung würde im Jahr 2035 100 Beitragszahler*innen 58 Renter*innen finanzieren müssen. Die Ökonomin Malmendier bezweifelt, dass das funktionieren wird. Und bestimmt nicht nur sie. (vgl. Der Spiegel, Nr. 42/12.10.2024, Seite 81).
Malmendier betont auch, dass es für einen Wohlstand in Deutschland die entsprechend geschulten Menschen fehlen. Damit eng verbunden ist auch die Frage, wie diese in das Unternehmen gelangen sollen. Häufig bleibt keine Zeit mehr dazu, die Mitarbeiter den neuen Herausforderungen entsprechend zu qualifizieren. Und einige, häufig ältere Mitarbeiter, bieten nicht die Voraussetzungen oder haben einfach keine Lust dazu. Wie können Unternehmen also einen für das eigene Überleben notwendigen Personal-Abbau durchführen, damit neues Personal nachrücken kann? Denn altes Personal zu halten und gleichzeitig neues einzukaufen können sich nur die wenigsten Unternehmen leisten. Personal ist in Deutschland sehr teuer. Ein heikles Thema. Fakt ist aber, dass eine überaltete Belegschaft manchmal dazu führt, dass z.B. innovative Geschäftsfelder – wie z.B. Künstliche Intelligenz (KI) - ins Stocken gerät.
Ein zielgerichteter Abbau, der wiederum auch einen Aufbau der Belegschaft nach sich ziehen soll, sodass die Belegschaft nicht schrumpft sondern stabil bleibt, plant z.B. das Unternehmen SAP, so berichtet zumindest der Spiegel (vgl. Der Spiegel, Nr. 42, Seite 83). Ein solcher Plan liesse sich auch mit Hilfe von Abfindungen und Transfergesellschaften sozialgerecht durchführen. Damit erlangt das Unternehmen neuen Bewegungsspielraum um sich den Anforderungen entsprechend weiterzuentwickeln und die entlassenen Mitarbeiter*innen werden dabei unterstützt sich am Arbeitsmarkt erfolgreich zu bewerben und entsprechend zu qualifizieren.
Weitere Details zu diesem Thema erfahren Sie im nächsten Beitrag. Es bleibt also spannend!
*CMS und LMS wurden im 10. Beitrag dieser Betragsreihe näher erläutert. In meiner Betragsreihe zur Künstlichen Intelligenz (KI) betonte ich die Notwendigkeit einer (freiwilligen) Regulierung, insbesondere bei Systemen, bei denen der Mensch zugunsten der Technologie seine Macht abgibt. Der Mensch muss daher rechtzeitig lernen, mit einer selbstlernenden Technologie, was die KI nun mal ist, entsprechend und „intelligent“ umzugehen.