04/08/2024
Kommentar von Wolfgang Heck
E-Mail-Wahn
Vor 40 Jahren erreichte die erste E-Mail Deutschland. Mittlerweile liegt die Anzahl der täglich verschickten und empfangenen E-Mails weltweit bei mehr als 360 Milliarden(!!) Mails. Wie viele davon wohl unnütz verschickt wurden? Die Kommunikation per Mail ist das mit Abstand meistgenutzte Kommunikationsmittel. Bei nahezu jedem Dienst vom Online-Shop bis zum sozialen Netzwerk erfolgt die Anmeldung per E-Mail.
So weit, so gut. Wären da nicht die nervigen Emails, in denen man bei jeder Kleinigkeit in CC gesetzt wird, obwohl man mit dem Sachverhalt nichts zu tun hat. Spätestens wenn der eigentliche Adressat auf „Allen Antworten“ klickt, ist man mittendrin im teils chaotischen Geschehen. Ob man will oder nicht. Fast so schlimm wie der CC-Wahn ist es, wenn Kollegen E-Mails weiterleiten, ohne zu erklären, was man damit jetzt anfangen soll. Wenn der Absender dann merkt, dass auf sein kommentarloses Mail hin nichts Konkretes passiert ist, heißt es vorwurfsvoll: «Ich habe es dir ja weitergeleitet.» Als ob der Empfänger Gedanken lesen könnte. Besonders nervig - kaum hat der Absender auf „senden“ geklickt, steht er auch schon am Schreibtisch oder ruft mit den Worten an: „Ich habe Dir gerade eine Mail geschickt“. „Schleich Dich“, würde man dann gerne antworten. Ganz nebenbei: Das ist übrigens oft der gleiche Kollege, der manchmal tagelang nicht auf E-Mails reagiert.
Zu den meisten Fehlern gehört die Nachricht an den falschen Adressaten: E-Mail-Programme, die automatisch die Adresse des Empfängers vervollständigen, machen es leicht, versehentlich „pschmitt“, statt „pschmidt“ anzuschreiben. Dicht gefolgt von E-Mails, bei denen der Anhang fehlt. Hand aufs Herz - wem ist das noch nie passiert? So manches nervige hat sich zudem eingebürgert. Etwa die leere Betreffzeile oder die höchste Dringlichkeit für eine Nichtigkeit. Interessant wird es, wenn zwei Personen, die im selben Raum sitzen, sich gegenseitig Emails hin und her schicken. Quasi als Beleg und Alibi, dass man seine Gegenüber ja informiert habe. Das glauben Sie nicht? Ist aber so. Genau so wahr, wie der Umstand, dass nicht wenige lieber eine E-Mail schreiben, obwohl der Sachverhalt in einem Telefongespräch viel schneller geklärt werden könnte. Lieber verbringt man täglich Stunden mit der Bearbeitung von E-Mails. Da fällt mir ein. Ich muss dringend meinen E-Mail-Eingang checken, damit ich wieder prahlen kann, dass ich heute hunderte Emails bearbeitet habe. Nicht verraten: Etliche habe ich ungelesen gelöscht.