02/02/2025
Verzockt!
Kommentar von Joachim Sinsel
Eigentlich wollte ich heute einen Kommentar zu den Wahlplakaten abgegeben, die mich traditionell immer wieder in „Begeisterung“ versetzen. Dazu habe ich Wolfgang Heck extra in Urlaub geschickt. Aber Friedrich Merz hat mir dann doch einen Strich durch die Rechnung gemacht.
„Tabubruch“ bezeichnet Olaf Scholz das Verhalten von Friedrich Merz, der einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik zur Abstimmung gebracht hat. Dabei hat er ganz bewusst auf die Stimmen der AfD gesetzt und damit zur Durchsetzung seiner Ziele die Hand nach der rechten Seite sagen wir mal „ausgestreckt“. Hätte er das tun dürfen? Mal ganz abgesehen von den Machtspielen, die unsere Politiker in Berlin derzeit wieder täglich zur Belustigung der Bevölkerung perfekt inszenieren: Die Zeit, in der die AfD an der Außenlinie des Spielfelds zuschauen musste, ist leider schon lange vorbei. Sie ist Teil des Bundestages – das Gremium, das die Politik und die Ausrichtung unseres Landes (mit)bestimmen kann. Und damit ist es nicht gerade verwunderlich, dass die AfD sich über diese Steilvorlage von Herrn Merz freut und sich schon verbal in eine vermeintliche „Führungsrolle“ positioniert. Die Chancen, die AfD rechtzeitig komplett dem Stadion zu verweisen ist leider vertan worden, da über Jahre hinweg statt vernünftiger Politik an vielen Stellen die Chancen aber damit auch die wachsenden Probleme unserer multikulturellen Gesellschaft nicht zielgerichtet angegangen worden sind. Hier hat man sich verzockt und muss nun mit der bedrohlichen rechten Gesinnung auskommen – ob man das will oder nicht. Trotzdem ist die Frage gerechtfertigt, ob Friedrich Merz der AfD den Ball auf den Elfme terpunkt hätte präsentieren dürfen. Gegen die Vorwürfe, er habe bewusst mit der AfD kalkuliert und dadurch ein Tabu gebrochen verteidigt sich Herr Merz in etwa so: „Ein guter Vorschlag wird nicht dadurch zu einem schlechten Vorschlag, nur weil die Falschen dafür stimmen.“
Lieber Herr Merz! Wenn die „Falschen“ für einen Vorschlag stimmen, den Sie für einen guten Vorschlag halten, sollten Sie vielleicht noch einmal überlegen, ob Ihr vermeintlich guter Vorschlag vielleicht in Wahrheit ein schlechter Vorschlag ist. Könnte doch sein – oder? Vielleicht haben sich Ihre strategischen Berater diesmal etwas verzockt!