07/11/2024
Guten Morgen, zur mehrteiligen Kolumne „Trading – Richtig Denken“ / von Michael Voigt
War er man als Mensch im Leben je glücklicher als in jenen Stunden des Trading-Demohandels? Man glaubt, zu Recht zu sagen: Nein.
Folgende Ausgangslage gilt es vorab zu überdenken …
Demohandel: In diesen Wochen bricht eine Art „neue Ära“ an, in der die Selbstverwirklichung zur Bestimmung avanciert und sodann in uns allen auf das Üppigste das Gefühl wuchert, wahrhaft ein Händler zu sein.
Aber wie sollte man auch als Tradinganfänger nicht eine Art Glückskoller erleben, wenn man plötzlich mit ein „bisschen“ Tatstaturdrücken in so mancher Woche, manchmal sogar an einem einzigen Tag, plötzlich mehr verdient als sonst in zwei Monaten Bürojob.
Und genau dieses Abenteuer ist etwas dem bisher geborgenen Leben Ungewohntes, was nahezu spielerisch verlockt – eine Art Sensation, die die Nerven fortan wundervoll spannt und elektrisierende Funken durch das Blut jagt...
Wie auch, schließlich denkt man zu keiner Zeit an die möglichen Schwierigkeiten seines "zukünftigen Berufes", weil man diese ja gar nicht kennt. Vielmehr erlebt man den Handel einzig wie einen haltlosen Traum, weshalb man jegliche Angst und jedes Bangen vor der Zukunft fehlen und man an ein sanftes und seliges Weiterklingen dieser verehrenden Liebe zu den Charts glaubt, die einem mit ihrer Einfachheit und scheinbaren Vorhersehbarkeit zuversichtlich stimmten.
Alles erstrahlte mit einem Mal von innen heraus in einer furchtbar schönen Klarheit. Diese Zuversicht, diese innere Gewissheit führt dazu, dass man gegenüber seiner Familie eine Stabilität und verblüffende Reife ausstrahlt, und man hat alles an sich, was der Partner in der derzeitigen Lebensstufe von einem Ehemann/Frau erwarten konnte: Man war so unbeschwert, so freudig, so sanft, so freundlich, so gutmütig-rebellisch, so lebensbejahend, so ergreifend, so geistig, so bedeutend in seiner Art zu leben...
Und so gehen Woche um Woche dieses gunstreichen und wohl geregelten Demo-Traderlebens auf dem engen Schauplatz des Bildschirms ihren gleichmäßigen Gang – und der angehende Trader, in täglicher Erwartung seines „Talents“, fährt fort, seiner Familie Abend für Abend seine Trades zu beschreiben – und immer wieder laut zu rufen, wenn das Demokonto neue Höchststände markiert.
Aber ... obgleich es „nur“ Demohandel ist, so liegt in ihm viel Ehrbarkeit: eine Ehrbarkeit, die freilich, ohne sich so manchen Irrtums gewahr zu werden, bereits für dem Anfänger im Begriff steht, dem realen Handel vollends Genüge zu tun, sodass auch alle kommenden Handelswochen gleichsam zum Ersatzmittel tief empfundener Pflichterfüllung des zukünftigen Berufs „privater Vollzeittrader“ werden und sich so Trade für Trade und Tag für Tag der Entschluss der Eröffnung eines „scharfen Kontos“ weiter verfestigen…
Eine erfolgreiche Start in den Tag // MV