27/03/2024
Tun wir trotzdem was dazu
Das große Clean-up der Neckarstädter litt unter dem verfrühten Aprilwetter
Im Spätsommer 2022 hatte sie das Jubiläum des Stadtteils ausgerichtet und sich dazu viele Kooperationspartner ins Boot geholt. Am vergangenen Samstag krempelte die Initiative 150 Jahre Neckarstadt (Ini150), eine Gruppe von rund 15 Personen, die Ärmel hoch und organisierte zusammen mit dem Quartiermanagement (QM) Neckarstadt West eine große Müllsammelaktion. Eine wichtige Hilfe war dabei Uwe Franken von „Neckar CleanUp“ mit seiner umfangreichen Erfahrung für solche Aktionen. Mit von der Partie waren das Ikubiz, die evangelische Neckarstadtgemeinde mit ihrem Churchbike, Pow e.V. (bekannt durch „Alter/Oase“ am Alten Messplatz), die Interessengemeinschaft Neckarpromenade, der Mitgliederladen „Speisekammer“, das QM Wohlgelegen, die Ortsvereine von den Grünen und der SPD, die Alte Feuerwache, das „Marchivum“, mehrere Einzelpersonen, zusätzlich zum QM Herzogenried auch die Interessengemeinschaft Herzogenried sowie der Stadtraumservice und der Bezirksbeirat.
Schon der Vormittag ließ die Akteure besorgte Blicke zum Himmel werfen. Es gab einen ersten Regenguss, genau zum Beginn um 14.00 Uhr nässte es erneut von oben und am Nachmittag schickte Petrus mehrere Graupelschauer mit heftigen Windböen. Wo an den Ständen Pavillons aufgestellt waren, mussten die Verantwortlichen ordentlich die Plane festhalten, damit das leichte Gestell nicht fortgeblasen wurde. Dennoch kamen immer wieder Freiwillige vorbei, holten sich Handschuhe, Müllzangen und orange Säcke und schwärmten in die Umgebung aus zum Aufsammeln von herumliegendem Abfall.
Das Interkulturelle Bildungszentrum (Ikubiz) hatte bereits im Vorfeld eine Aktion durchgeführt, mit der sie sich als eine der Ersten an das Clean-up anschloss. Schon ab Dienstag hatten sich Gruppen von Kindern und Jugendlichen unter der Leitung von Anca Krause aufgemacht, die ihre Schützlinge spielerisch auf die Aufgabe vorbereitete. Rasch entwickelte sich ein fröhlicher Wettbewerb: Wer findet schneller etwas auf dem Boden? Wer hat den größeren Abfallhaufen zusammengetragen?
In der Langen Rötterstraße blieb eine Gruppe Passanten neugierig bei Sabine Volkert am Stand vor dem Postgebäude stehen. Die Leute entpuppten sich als Besucher aus Berlin, die nun nicht nur die schönen Gründerzeithäuser im Musebrotviertel, sondern auch die aktiven Bewohner derselben bewunderten, die für ihren Kiez „was dazu tun“.
Genau diese Begründung hörte man wiederholt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer betonten immer wieder: „Ich wohne hier“, „ich wohne gerne hier“ und „es ist selbstverständlich, etwas für die Allgemeinheit zu tun“. So etwa Marianne Reich und Jutta Dick von der IG Neckarpromenade und Heike Dohr, die in der Max-Joseph-Straße wohnt. Letztere war durch einen Flyer auf die Gemeinschaftsaktion aufmerksam geworden. Thorsten Volkert kam durch seine Frau hinzu. Aleksandra Opp, Azubi in der Alten Feuerwache, betreute den Stand dort. Umweltbeauftragter Hans-Friedrich Roth und Pfarrerin Judith Natho kümmerten sich um den Stand an der Melanchthonkiche. Martina Stöbe und Dr. Ulrike Reutter waren die „Standhalter“ am Neumarkt. Im Brunnengarten kamen zwei Familien mit Kindern zum Aufräumen, die sich anschließend als Umweltpaten für das Herzogenried gewinnen ließen.
Mittags hatte die Temperatur noch bei 13 Grad gelegen, am Nachmittag zeigte die Leuchtschrift einer Apotheke in der Langen Rötterstraße lediglich 7 Grad an. Die Windböen, die bis zu über 50 km/h erreichten, hatten zusammen mit den Niederschlägen also auch einen Temperatursturz bewirkt. Als die Betreuer der rund 12 Ausgabestellen zwischen Herzogenried, Wohlgelegen und Neumarkt nach 16.00 Uhr für die gemeinsame Abschlussveranstaltung an der Alten Feuerwache ankamen, waren sie völlig durchgefroren. Punkt 16.30 Uhr wurden sie von Lukas Kraus (Ini150) aufs Herzlichste begrüßt. Dann durften sie sich mit heißer Suppe aufwärmen und mit Zwiebelkuchen aus der Küche des Veranstaltungshauses stärken. Monika Kuzel und Lukas Kraus von der Ini150 leiteten dann das Finale ein, bei der die Spenden unter den Anwesenden verlost wurden.
Das gesamte Clean-up zeichnete sich auch dadurch aus, dass es durch zahlreiche hauptsächlich Neckarstädter Gewerbetreibende mit Sachspenden unterstützt wurde. Der Ini150 war es wichtig, auch hier für Zusammenhalt aller in der Neckarstadt zu werben, und war dabei sehr erfolgreich. Über 30 Stellen waren es, von denen unterschiedliche Spenden eingeworben wurden – von Eintritts- und Einkaufsgutscheinen über Verzehrgutscheine bis hin zu wertvollen Sachspenden. Die Mitglieder der Ini150 hatten ihre Kontakte spielen lassen, die sie seit dem Stadtteiljubiläum erfolgreich aufgebaut hatten, und waren an den Tagen vor der Putzaktion im Stadtteil unterwegs, um die Spenden abzuholen.
Dies war ein ehrenamtlicher Logistikakt eigener Güte, der lautlos im Hintergrund ohne jegliches Aufheben geleistet wurde. Bei der Buchbinderei Schrimpf wurden die Spenden gesammelt und am Putztag für die Abschlussveranstaltung zur Alten Feuerwache transportiert. Unfreiwillig passierte hier ein kurioser Vorfall. Für die Verlosungsaktion waren die Spenden auf dem Tisch bereits aufgebaut, da griff das Wetter nochmals unbarmherzig zu. Inzwischen hatte die Sonne geschienen und alle hatten eigentlich auf einen besinnlichen, fröhlichen Abschluss gehofft.
Erneut zogen jedoch finstere Wolken auf und eine Viertelstunde lang fegten heftige Böen über den Feuerwachen-Vorplatz. Einer der Preise, liebevoll vom spendenden Ladengeschäft als Geschenk verpackt, war zu leicht für den Überfall und wurde vom Wind mitgenommen. Möglicherweise ist später einem völlig unbeteiligten Neckarstädter oder Besucher des Stadtteils das kleine Päckchen vor die Füße geweht worden. Nun mag es als Gruß gelten aus der Neckarstadt an Menschen guten Willens. Vielleicht wird es zum Impuls: Wenn viele Menschen was fürs Gemeinwohl tun, wird unerwartet und ungeplant einem Unbekannten eine Freude bereitet. Selbst der Wind tat fröhlich was dazu.
Zur Abschlussveranstaltung fanden sich an der Alten Feuerwache rund 30 bis 40 Personen ein. Insgesamt dürften sich nach den Auskünften der Stände über 70 Personen an der Müllsammelaktion beteiligt haben. Angesichts des unberechenbaren Wetters kamen einige teilnehmende Bürgerinnen und Bürger aus dem Herzogenried und dem Wohlgelegen – den weiter entfernten Bereichen im größten Stadtteil Mannheims – nicht mehr zum Finale an der Alten Feuerwache. Jennifer Pohl (Mitveranstalter QM Neckarstadt West) kündigte an, im Sommer und im Herbst werde es erneut Clean-ups geben. JP
Fotos: Johannes Paesler, Annette Schrimpf, Uwe Franken