23/03/2025
Mal wieder ein Sonntagsgedicht, zur konstituierenden Sitzung des Bundestags am Dienstag, 25. März, Geoffrey Chaucers (1342/43 bis etwa 1400) "Das Parlament der Vögel". Das Gedicht hat etwa 100 Strophen, überstrapazieren sollte man ja auch Sozialen Medien nicht: deshalb hier die ersten drei Strophen:
Das Leben kurz, die Kunst so lang zu lernen,
Die harte Prob‘, der Sieg schwer zu gewinnen,
Die Freude, schnell bereit sich zu entfernen:
Dies ist die Liebe, die mein ganzes Sinnen
Verwirrt so durch ihr Wirken und Beginnen,
Dass ich nicht weiss, wenn ich sie recht betrachte,
Ob wach ich bin, ob mich ein Traum umnachte.
Zwar kenn‘ ich Amor nicht in Tun und Wesen
Noch weiss ich, wie er treuen Dienst vergütet,
Doch hab in Büchern ich gar oft gelesen,
Welch Wunder er vollbringt, und wie er wütet,
Und lese, dass als König er gebietet.
Nicht wag‘ ich seine Schläge zu beklagen,
Ich kann nur „Gott erhalt‘ solch Herren“ sagen.
Von alters her zur Lust bald, bald zur Lehre
Les‘ ich in Büchern oft, wie ihr schon wisst.
Warum zurück dazu ich nochmal kehre?
Nun wohl: Ich fand ein Buch vor kurzer Frist,
Das mit gar alter Schrift geschrieben ist,
Ich las darin um etwas zu studieren,
Den Tag lang eifrig, ohne mich zu rühren.