15/05/2024
Die neue ila zirkuliert seit ein paar Tagen!
Zum superspannenden und aktuellen Thema
"Energie - Wende für wen?".
Außerdem in der Ausgabe Nr. 475:
Argentinien - Milei und das Dengue-Fieber; Cuba - Proteste:
Essen, Strom!; Deutschland - Maya-Schriften zurück nach Mexiko u.v.m.
Aus dem Editorial der aktuellen ila:
"Juan Carlos Montenegro Bravo wurde 2017 Geschäftsführer des staatlichen Lithiumunternehmens Yacimientos de Litio Bolivianos, damals, als Evo Morales noch Präsident Boliviens war. Am 24. April 2024 fand man seinen leblosen Körper. Als dazu ein Abschiedsbrief auftauchte, war schnell klar, dass er sich das Leben genommen hatte: „Ich lasse mich nicht demütigen von einer abgekarteten Justiz, die sich an die politische Macht verkauft.“ Der Hintergrund: Kurz zuvor hatte die aktuelle Regierung von Luis Arce den ehemaligen Bergbauminister Alberto Echazú festgenommen und gegen zehn weitere Personen Vorwürfe erhoben, auch gegen Montenegro Bravo. Sie sollen ihren Pflichten nicht nachgekommen sein und dem Staat so einen Schaden von umgerechnet rund 57,5 Millionen Euro verursacht haben. Denn trotz der Investitionen in den Lithiumsektor wurde bisher kein einziges Gramm des international begehrten Rohstoffs exportiert, ganz anders als etwa in Chile. Der Gegenvorwurf von Ex-Präsident Evo Morales kam prompt: Der aktuelle Präsident Arce versuche durch dieses Schauspiel von Festnahmen lediglich, die eigenen Verfehlungen im Lithiumsektor zu vertuschen. Wer hat nun Recht? Sicher ist nur, dass das Projekt „nationale Industrialisierung durch Lithium“ bisher nach einem gescheiterten Versuch aussieht.
Dieser Krimi ist eine winzige Episode von vielen dramatischen Folgen der gegenwärtigen Energiewendepolitiken. Dabei haben wir noch gar nicht über die standardmäßigen Verdrängungen, Vertreibungen, Übervorteilungen und Menschenrechtsverletzungen im Kontext von Windparks oder Wasserkraftwerken gesprochen. Wir brauchen natürlich schleunigst eine Energiewende, und das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas sollten wir in die Müllverbrennungsanlage der Geschichte werfen. Dass das gegenwärtige System vor dem Kollaps steht, muss man mittlerweile nicht einmal mehr der CDU erklären. Aber das heißt noch lange nicht, dass nachhaltige Antworten auf die Krise gefunden werden. Vielmehr heißt die gängige Strategie heute: Klima schützen durch grünes Wachstum. Industrie, Produktion und Mobilität sollen so umgebaut werden, dass sie keine klimaschädlichen Emissionen verursachen. Überspitzt gesagt heißt das, auf den deutschen Autobahnen sollen nicht weniger Autos fahren, sondern mehr, denn die Wirtschaft soll ja wachsen – aber bitte mit E-Antrieb.
Dafür wird es in Zukunft große Mengen Rohstoffe brauchen: Lithium, Nickel, Kobalt, Kupfer, Seltene Erden, und grünen Wasserstoff für eine emissionsfreie Industrieproduktion. Für ein Weiter so in grün gibt es aber weder in Deutschland noch in der EU genügend dieser Rohstoffe. Auch grüner Wasserstoff lässt sich nicht in ausreichender Menge herstellen, denn anders als etwa Lithium kann man Wasserstoff nicht einfach abbauen, sondern muss ihn aus Wasser herstellen. Das heißt, um diesen Energieträger zu erhalten, muss erst eine Menge Energie hineingesteckt werden. Damit sich das grün nennen kann, muss diese aus erneuerbaren Quellen kommen, und so viel Wind, Sonne und Wasser gibt es vor allem an den Küsten Afrikas und Lateinamerikas. Deswegen spielt in vielen der sogenannten Energiepartnerschaften, die Deutschland mit 32 Staaten unterhält, Wasserstoff eine zentrale Rolle. Einige lateinamerikanische Staaten bringen derweil ihre eigenen Energiewendeprogramme auf den Weg, die sich häufig an der Nachfrage der „Partner“ im Norden orientieren und auf Rohstoffexport setzen.
Als die Idee zu dieser Ausgabe entstand, diskutierten wir, ob sie „Energieimperialismus“, „Energiekolonialismus“ oder „Grüner Kolonialismus“ heißen sollte. Interessiert uns eine ökonomische Betrachtungsweise, die den Fokus auf den imperialen Konsum der Zentren legt, oder die geschlechts- und klassenspezifischen sowie rassistischen Folgen von kolonialen Energiepraktiken? Je mehr wir uns mit konkreten Fällen beschäftigten, desto klarer wurde uns, dass diese Schlagworte politische Relevanz, aber nicht unbedingt große Analysekraft haben, denn die politischen Programme zur Energiewende sind in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich.
(...)"
Der Schwerpunkt der ila 475 hat einen Umfang von 32 Seiten (das gesamte Heft 50 Seiten). Unsere April-Ausgabe kann zum Preis von 6,00 Euro bei der ila (Heerstraße 205, 53111 Bonn, 0228-658613, [email protected], www.ila-web.de) bestellt werden.
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