04/06/2024
Aus der aktuellen Bahamas ist auch Sören Pünjers Kritik an Maximilian Krah und Martin Sellner verfügbar online verfügbar, die zudem ihrer gängigen Einordnung als "Faschisten" entschieden widerspricht.
"Krah präsentiert sich in seinem „Manifest“ nicht als Anhänger einer totalitären Diktatur, für die Franz Neumann „fünf wesentliche Momente“ geltend gemacht hat, von denen sich nicht eines in „Politik von rechts“ für den Fall einer Regierungsübernahme angekündigt findet: „die Umwandlung eines Rechtsstaates in einen Polizeistaat“, „der Übergang von einer Aufteilung der Macht […] zur Machtkonzentration“, die Herrschaft einer „monopolistischen Staatspartei“, der „Übergang von pluralistischen zu totalitären Kontrollen über die Gesellschaft“ und „der Terror, die nicht berechenbare Anwendung psychischer Gewalt als permanente Drohung gegen jeden“ ( 8 ). Es bleibt erst recht die Frage, wie man auf den Begriff bringt, was Krah da zusammengeschrieben hat und von Elsässers Compact-Magazin „eine weltanschaulich fundierte Grundlagenschrift“ genannt wird. Auch wenn Krah es ähnlich wie Thilo Sarrazin nicht lassen konnte, den im Vergleich zu „ethnischen Deutschen“ angeblich erheblich niedrigeren IQ in Afghanistan, Subsahara-Afrika und anderswo zum Gegenstand einer „demografischen Debatte“ machen zu wollen, „weil die Qualifikation mit biologischen Eigenschaften, insbesondere der Intelligenz, verknüpft ist und diese vererbt werden“ (S. 173) – ein Blut-und Boden-Ideologe ist Krah ebenso wenig wie Militarist oder Verfechter eines Führerkultes. Was Krah in Sachen „charismatischer Gründerfigur“ zu Papier bringt, klingt dann auch nicht nach Reichsparteitag, sondern nach einem öden Seminar für Angestellte einer Kreissparkasse, in dem abgedroschene Leadership- und Teambuilding-Konzepte vermittelt werden: „Die schillernden Figuren tragen oft nicht lange. Es ist deshalb wichtiger, auf ein Team zu setzen, in dem der eine des anderen Last trägt. […] Einer muss immer der Vorsitzende sein, aber flankiert von loyalen Mitstreitern kann er Autorität herausbilden, die Bestand hat, weil sie auf Strukturen, Inhalten und Netzwerken basiert und nicht auf schauspielerischen Talenten.“ Nur folgerichtig ruft Krah dann auch statt nach altem Untertanengeist und blinder Gefolgschaft ganz antiautoritär gestimmt nach „möglichst breiter Beteiligung der Basismitglieder an inhaltlichen Positionierungen.“ (S. 214 u. S. 216)
Warum ein Basisdemokrat kein Faschist sein kann, muss man wohl nicht erklären. Als Anhänger der Carl Schmittschen Raumordnung ist Krah zugleich auch bekennender Ethnopluralist, der die Idee des Westens nicht als Unort, sondern als „Kultur der ethnischen Westler“ begreift, als „Ausdruck ihrer Besonderheit.“ Entsprechend sei „die entscheidende Frontlinie die zwischen Universalismus und Partikularismus“ und ohnehin „die Menschheit kein tauglicher Identifikationsrahmen.“ (S. 117, S. 126, S. 136) Seine Freude über die zunehmende Schwäche und Unattraktivität des Westens verbirgt Krah nicht, sieht er doch dadurch die rechte Chance gekommen. Schwäche und Unattraktivität macht er allerdings nicht am globalen Rückzug des Westens von seiner Idee der Gleichheit und individueller Autonomie fest, er beklagt vielmehr deren Entgrenzung, die Abtrennung „von seinen historischen, geografischen und ethnischen Wurzeln.“ (S. 112) Solcher „Globalismus“ sei ein „Kulturkampf“, der so funktioniere „als sei Leo Trotzki aus dem Grab gestiegen und habe in Washington D.C. Sitz genommen“, weshalb auch „die Regenbogenfahne […] das Sternenbanner längst abgelöst“ hätte. (S. 113 u. S. 115)
Sieht man von seiner Distanz gegenüber LGBTQ ab, dann unterscheidet sich Krahs angeblich dezidiert rechte Globalisierungskritik nur darin von der postkolonialen, dass sie im Gegensatz zu ihr nicht mit den Rassekategorien „weiß“, „colored“ oder „schwarz“ operiert. Krahs Argumentation belegt nur, dass die Globalisierungskritik seit den 1990ern die Kategorisierung in links und rechts weitgehend überflüssig gemacht hat, denn der rechte Ethnopluralismus, den sein Begründer Alain de Benoist nicht zufällig in Abgrenzung vom „universalistischen Antirassismus“ etwa eines Martin Luther King einen „differentialistischen“ nannte, ist in Wahrheit weitgehend genauso antirassistisch wie der Postkolonialismus ethnoplural ist. Welcher Postkolonialist, ob an der Columbia-Universität oder an der Berliner Universität der Künste, ob auf der Neuköllner Sonnenallee oder beim ANC in Pretoria wird Krah widersprechen wollen, wenn der feststellt, man müsse „anderen Kulturkreisen das Recht auf deren Identität in ihrem angestammten Gebieten gewähren“, weshalb der Islam unwiderruflich „zu Saudi-Arabien, der Konfuzianismus zu China, der Hinduismus zu Indien, der Buddhismus zu Myanmar, das orthodoxe Christentum zu Russland“ gehöre. (S. 117)"
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https://redaktion-bahamas.org/hefte/94/Sehnsucht-nach-der-Bonner-Republik.html
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