01/05/2024
Dass der heutige Tag anstrengend sein könnte, vermutete ich. Doch, dass es ausserhalb von Regionen mit Meeresanstoss so viel Sand haben könnte, damit hatte ich nicht gerechnet. Es ging von Dabas aus gleich los mit der ersten Sandpiste. Hoffentlich wars das für heute, dachte ich mir da noch. Weiter ging es über wilde Waldstrassen, auch die mit reichlich Sand ausgestattet. Über Barrieren und Verbotsschilder setzte ich mich vorerst konsequent hinweg, bis mich ein aggressiver Hund in die Flucht schlug. Ich suchte laufend nach alternativen Routen zum Sand, und das war letztlich immer die Nationalstrasse Nummer 5. Und dort gilt eigentlich: Fahrverbot für Velofahrer, Traktoren und Pferdfuhrwerke. Doch irgendeinmal liess mich Komoot so hängen, dass gar keine andere Möglichkeit mehr bestand. Ausser ich hätte mein Gravelbike durch den Wald getragen. Zum Glück war heute 1. Mai – hier ein allgemeiner Feiertag – mit entsprechend wenig Verkehr. Deshalb waren die Ausflüge auf die Nationalstrasse zwischendurch für mich vertretbar. In Örkeny machte ich den ersten Zwischenstopp, eine farbige Kugel vor der Kirche sorgte für das entsprechende Ambiente. Ich schob mir einen Energieriegel ein. Meine lieben Kinder hatten mir ein ganzes Sammelsurium davon zum Geburtstag geschenkt. Und so bietet nun jeder Griff in den Sack eine Überraschung mit anderem Geschmack. Dann kam die erste Sandpiste, bei der ich wirklich absteigen musste. Es ist so, wie wenn man am Sandstrand in San Diego velofahren müsste: Und das geht halt einfach auch dort nicht. Trotz viel Sand funktioniert die Landwirtschaft hier: junge Maispflänzchen wachsen offenbar ohne Probleme. Ja, sogar die Rebstöcke stehen im Sand. Ich für mich weiss nun seit heute, welche Unterlagen für mich und mein Gravel definitiv die Schlimmste ist. Nach einer Kaffeepause in einem Kiosk im Nirgendwo kam dann die Überraschung: Mehrere Kilometer asphaltierter Fahrradweg, zwar holprig wegen den Wurzeln der Bäume, die den Asphalt sprengten, aber immerhin. Doch als dieser abrupt endete, musste ich halt wieder auf die Nummer 5 ausweichen. Es folgte eine weitere Sandpiste, ehe mich ein toller Fahrradweg entlang von blühenden Holunderbäumen an mein Mittagsziel nach Kecskemet führte. Nach dem Mittagessen hoffte ich, dass der Veloweg möglichst bis zum Tagesziel bleiben wird. Doch nach einigen Kilometern waren wieder sandige Feldwege angesagt. Immerhin hatte es manchmal zwischen den Spuren einen Grasstreifen, den ich nutzen konnte. Anstrengend war auch das. Ob dort schon einmal ein Graveler mit Vollpackung unterwegs war? Ich würde es auf jeden Fall keinem anraten! Am Schluss musste ich mich noch einmal zu Fuss an den Reben vorbeikämpfen, ehe rettender Asphalt mich erlöste. Durch den grössten Friedhof, den ich je gesehen habe, erreichte ich schliesslich Kiskunfélegyhaza. Leider gab ich die falsche Adresse in Komoot ein, weshalb ein paar unnötige Zusatzkilometer dazukamen. Ich klingelte schliesslich beim Hotel an der verschlossen Türe, die dann von einer alten Frau geöffnet wurde. Am Eingang ein Aquarium mit Clownfischen. Die Dame sprach NUR ungarisch und verlangte Barzahlung in Euro. Ein Novum für mich, bis jetzt habe ich alles mit der Debitkarte bezahlt, selbst ein Kaugummi im Kiosk. Auf dem Empfangsformular musste ich unter anderem den ledigen Nachnamen meiner Mutter angeben. Zum Schluss gab es die von Hand ausgefüllte Quittung. Für mein Gravelbike schlug sie für die Nacht einen Betonpfeiler gleich an der Hauptstrasse vor. No Way! versuchte ich ihr klarzumachen. Es sei videoüberwacht (Camera, Camera), sagte sie: «Das nützt mer nüt, wänn am Morge s’Velo nüme da isch», sagte ich ihr auf Mundart. Erst als ich mit «Money back» kam, spurte sie. Und so öffnete sich doch noch eine schwere Türe zum Hof des Hotels, wo das Velo nun hoffentlich sicher versorgt ist.