14/01/2025
Alfred Kolleritsch sprach schon 1971 von der "permanenten Volkserhebung der Aarnochen*", und tatsächlich sind diese auch über 50 Jahre später immer noch aktiv, ja, aktiver denn je ...
Hier das Statement von Gerhard Ruiss (IG Autorinnen Autoren) zu den aktuellen Diskussionen um die steirische Landeshymne, denen sich die manuskripte inhaltlich voll anschließen:
„Gesetzliche Verankerung der steirischen Landeshymne:
Keine nur steirische Angelegenheit
Es sollte wohl kein allzu großes Problem für die steirische Landesregierung darstellen, ein rechtliches Gutachten von neutraler Seite erstellen zu lassen, ob die landesverfassungsgesetzliche Verankerung des Dachsteinliedes in seiner jetzigen Textierung als Landeshymne mit den Gesetzen der Republik Österreich in Einklang steht. Vor allem ist es kein unüblicher Vorgang vor gesetzlichen Beschlussfassungen.
Wir gehen davon aus, dass man in Liedern ohne Gesetzesrang selbstverständlich über alles Mögliche singen kann, auch und insbesondere in Liedern über vergangene Größe, wir gehen aber ebenso davon aus, dass in einem Lied, das als Hymne des Landes landesverfassungsgesetzlich verankert werden soll, die Landesgrenzen eingehalten werden sollten. Abgesehen davon, dass es bei einer Hymne widersinnig ist, die Schönheit der Gebiete des Nachbarlandes zu besingen.
Die gesetzliche Verankerung des Dachsteinliedes als Landeshymne in seiner jetzigen Form kann auch nicht nur eine steirische Angelegenheit sein, wenn die Landesgrenze, um die es hier geht, zugleich die Staats- oder Außengrenze der Republik Österreich darstellt und seit Bestehen der Republik dargestellt hat. Es ist auch nicht nur eine Angelegenheit der Kulturhoheit der Bundesländer, weil offizielle Landes- und Staatssymbole niemals nur eine Kulturangelegenheit alleine sind.
Man muss nicht lange suchen, um Beispiele zu finden, wie der Respekt vor jeweils anderen Ländern oder vor Sprachgruppen dazu geführt hat, dass auf Strophen und Texte in Hymnen verzichtet wurde, die zu Brüskierungen von Nachbarländern oder von Sprachgruppen geworden wären. So wird im Deutschlandlied „Von der Maas bis an die Memel, Von der Etsch bis an den Belt“ nicht mehr gesungen und hat eine der ältesten europäischen Hymnen seit rund 250 Jahren vor allem auch wegen der Notwendigkeit der Einbeziehung seiner Sprachgruppen keinen offiziellen Text. Die letzten verworfenen Versuche stammen von 2018.
Die steirische Landesregierung ist aufgerufen, sich an den rechtlichen Voraussetzungen und an diesen Beispielen zu orientieren und nicht irgendwelchen, sich nicht mit der Realität deckenden Heimatkulturvorstellungen zu folgen.
Es war die jetzt regierende FPÖ, die vor rund 20 Jahren die bereits akkordierte Anpassung der steirischen Landeshymne an die den Gegebenheiten der Ersten und der Zweiten Republik durch die damals regierende ÖVP anlässlich des Beitritts Sloweniens zur EU verhindert hat, nun taucht dieses Problem neuerlich auf. Es wird auch nicht verschwinden, indem man es wegschiebt.
Gerhard Ruiss
IG Autorinnen Autoren
Wien, 14.1.2025
* "Fiktive Ureinwohner der Steiermark“ lt. Alfred Kolleritsch, Marginalie manuskripte 31/32, 1971. Vgl. dazu die steirische Landeshymne: „Hoch vom Dachstein an, wo der Aar noch haust …“