21/10/2024
𝐒𝐞𝐞𝐬𝐭𝐞𝐫𝐧 𝐛𝐫𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐳𝐮𝐫 𝐥𝐞𝐭𝐳𝐭𝐞𝐧 𝐅𝐚𝐡𝐫𝐭 ü𝐛𝐞𝐫 𝐗𝐚𝐧𝐭𝐞𝐧𝐞𝐫 𝐍𝐨𝐫𝐝- 𝐮𝐧𝐝 𝐒ü𝐝𝐬𝐞𝐞 𝐚𝐮𝐟
Es ist 15.45 Uhr, als das Passagierschiff „Seestern“ den Hafen Vynen am nördlichen Ende des Xantener Nordsees mit 25 Minuten Verspätung verlässt. Die Verspätung hat einen besonderen Grund, denn heute hat sich am Anleger eine besonders lange Schlange gebildet, denn es handelt sich um die letzte Fahrt des Schiffes über Xantener Nord- und Südsee. Zum letzten Mal begrüßt Kapitän Nikolai Nachtigall die Passagiere über die Lautsprecheranlage mit den Worten, „Wir heißen die in Vynen zugestiegenen Passagiere an Bord willkommen“ und erklärt die Geschichte der beiden Seen und deren Entwicklung zum Freizeitzentrum Xanten.
Bereits den ganzen Tag sind die Fahrten des „Seestern“ ausgebucht bis auf den letzten Platz. Nur, wer vorher online oder telefonisch gebucht hat, erhält einen Sitzplatz. Einige, die das nicht taten, müssen sich mit einem Stehplatz zufriedengeben. „Wir haben in einem Oktober noch nie so viele Fahrgäste gehabt“, berichtet Stephanie (Steffi) Nachtigall, die Frau von Niko, „wie jetzt, seit bekannt ist, dass das Schiff Xanten verlässt“.
𝐌𝐢𝐭 𝐞𝐢𝐧𝐞𝐦 𝐥𝐚𝐜𝐡𝐞𝐧𝐝𝐞𝐧 𝐮𝐧𝐝 𝐞𝐢𝐧𝐞𝐦 𝐰𝐞𝐢𝐧𝐞𝐧𝐝𝐞𝐧 𝐀𝐮𝐠𝐞
Dass es sich um die letzte Fahrt handelt, erlebt die Mutter von drei Kindern, genau wie ihr Mann, mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Seit 2013 gehört ihnen das Schiff, das seit 2003 seine Runden über die beiden Seen zieht und so eine der vielen Attraktionen der Domstadt bildet. Die Fahrgäste haben Verständnis für das Handeln des Ehepaares. „Es ist kaum noch Personal für den Service zu bekommen, so dass ich selbst sehr oft einspringen muss“, begründet Steffi den Schritt. Wenn die Kinder, die 13, sieben und acht Jahre alt sind und heute zur Feier des Tages mit an Bord sind, Ferien hätten, fielen diese naturgemäß mit der Hauptsaison für den „Seestern“ zusammen. „Das kann auf Dauer für die Kinder nicht gut sein“, so die 39-jährige. Leider habe man trotz intensiver Suche auch keinen Nachfolger finden können, der das Geschäft auf den Xantener Seen weiterbetreibt.
So wurde die 91-jährige stählerne Lady, die unter weiteren Namen und an anderen Stellen der Republik seit 1933 im Dienst steht, an einen Verein in Mecklenburg-Vorpommern verkauft, wo sie künftig Passagieren auf einem See die Schönheiten der Natur Mecklenburgs vermitteln wird.
𝐖𝐨𝐥𝐥𝐭𝐞𝐧 𝐝𝐢𝐞 𝐥𝐞𝐭𝐳𝐭𝐞 𝐅𝐚𝐡𝐫𝐭 𝐚𝐮𝐟 𝐤𝐞𝐢𝐧𝐞𝐧 𝐅𝐚𝐥𝐥 𝐯𝐞𝐫𝐩𝐚𝐬𝐬𝐞𝐧
Wollten die letzte Fahrt auf keinen Fall verpassen
Auch für die Fahrgäste ist es eine Fahrt voller Wehmut. „Das Schiff gehört einfach zum Xantener Erscheinungsbild“, resümiert Sandy Lörx, Eigentümerin einer Xantener Werbeagentur. Sie ist mit ihrem Lebensgefährten Guido, ihrem Vater Theo, dessen Partnerin Mathilde Peters, die heute ihren 78. Geburtstag feiert sowie ihrer Mutter Änne unterwegs. Wehmut steht heute den meisten Mitfahrern ins Gesicht geschrieben. Doris Bruns aus Sonsbeck und ihre Freundin Frederike Terhorst aus Birten wollten sich die letzte Fahrt ebenfalls nicht entgehen lassen. Die beiden 85-jährigen haben schon oft die Gemütlichkeit auf dem Schiff genossen. „Wir werden es sehr vermissen“, versichert die Sonsbeckerin.
Für Niko ist es ein komisches Gefühl, heute bei der letzten öffentlichen Fahrt am Steuer zu stehen, zum letzten Mal das Horn bei der Einfahrt in die Wardter Förde zu bedienen, zum letzten Mal das Brückenpersonal an der Wardter Hebebrücke zu grüßen und zum letzten Mal seine Durchsagen an die Passagiere zu machen. Der gelernte Schiffsführer wird sich eine Stelle in der Binnenschifffahrt, aus der er beruflich stammt, suchen.
Seine letzte Fahrt mit dem „Seestern“ ist es heute allerdings nicht, denn demnächst wird er „seinen Seestern“ zusammen mit dem neuen Eigner an den neuen Standort überführen. Zwei Wochen wird er dazu unterwegs sein. Ein Abschied, der sich in die Länge zieht.
Randolf Vastmans
𝐈𝐧𝐟𝐨:
𝟏𝟗𝟑𝟑 𝐰𝐮𝐫𝐝𝐞 𝐝𝐚𝐬 𝟐𝟎,𝟐𝟓 𝐌𝐞𝐭𝐞𝐫 𝐥𝐚𝐧𝐠𝐞 𝐮𝐧𝐝 𝟒,𝟐𝟎 𝐌𝐞𝐭𝐞𝐫 𝐛𝐫𝐞𝐢𝐭𝐞 𝐒𝐜𝐡𝐢𝐟𝐟 𝐮𝐧𝐭𝐞𝐫 𝐝𝐞𝐦 𝐍𝐚𝐦𝐞𝐧 „𝐄𝐬𝐬𝐞𝐧“ 𝐚𝐮𝐟 𝐝𝐞𝐦 𝐁𝐚𝐥𝐝𝐞𝐧𝐞𝐲𝐬𝐞𝐞 𝐢𝐧 𝐃𝐢𝐞𝐧𝐬𝐭 𝐠𝐞𝐬𝐭𝐞𝐥𝐥𝐭. 𝐄𝐬 𝐟𝐨𝐥𝐠𝐭𝐞𝐧 𝐬𝐢𝐞𝐛𝐞𝐧 𝐰𝐞𝐢𝐭𝐞𝐫𝐞 𝐍𝐚𝐦𝐞𝐧 𝐮𝐧𝐝 𝐯𝐞𝐫𝐬𝐜𝐡𝐢𝐞𝐝𝐞𝐧𝐞 𝐒𝐭𝐚𝐧𝐝𝐨𝐫𝐭𝐞. 𝐙𝐮𝐥𝐞𝐭𝐳𝐭 𝐛𝐞𝐟ö𝐫𝐝𝐞𝐫𝐭𝐞 𝐞𝐬 𝐅𝐚𝐡𝐫𝐠ä𝐬𝐭𝐞 𝐚𝐮𝐟 𝐝𝐞𝐫 𝐌𝐨𝐬𝐞𝐥. 𝐀𝐮𝐟 𝐗𝐚𝐧𝐭𝐞𝐧𝐞𝐫 𝐍𝐨𝐫𝐝- 𝐮𝐧𝐝 𝐒ü𝐝𝐬𝐞𝐞 𝐢𝐬𝐭 𝐞𝐬 𝐬𝐞𝐢𝐭 𝟐𝟏 𝐉𝐚𝐡𝐫𝐞𝐧 𝐮𝐧𝐭𝐞𝐫𝐰𝐞𝐠𝐬
𝐁𝐢𝐬 𝐳𝐮 𝟕𝟎 𝐏𝐚𝐬𝐬𝐚𝐠𝐢𝐞𝐫𝐞 𝐟𝐢𝐧𝐝𝐞𝐧 𝐛𝐞𝐢 𝐝𝐞𝐧 𝐅𝐚𝐡𝐫𝐭𝐞𝐧 𝐏𝐥𝐚𝐭𝐳