19/02/2023
Lovely german review from Andreas Hess about our latest and last release. Thanks for your support over the last 25 years, Andreas!
The Friday Club - Hearts Will Win
Als Firestation Records im Sommer 2020 die Saturday Night and Sunday Morning EP herausbrachte war das eine schöne Zeitreise ins London Mitte der 80er. Sie standen aber mal nicht für die Welt der Anoraks, Mop Tops und Chelsea Boots, sondern featureten Anzüge, sauber geschnittene Haare und Loafer.
Die Band war die letzte Verpflichtung von Jerry Dammers für das Two Tone Label, lange nach deren stilprägenden Ska Veröffentlichungen und brachte eine deutliche Abkehr von diesen Wurzeln. Man wähnte sich in einem coolen Jazzclub in Soho 1985 und reihte sich ein in den Sound des damals New Jazz gelabelten Zeitgeists. Bands wie Animal Nightlife waren in der Presse und auf den Plakatwänden Londons omnipräsent. Der große Durchbruch gelang aber auch ihnen trotz diverser sehr guter Singles (Love is just the great pretender) und eines polierten Albums voller potentieller Hits (Shangri-La) nicht.
Das Umfeld stimmte für die aus dem nordenglischen Seebad Scarborough Band, ein siebenköpfiges Outfit, bestehend aus Andrew Brooks (Songschreiber, Gesang,Gitarre) Michael Hodges (Lyrics, Gesang) Adele Winter (Gesang), Terry Bateman (Gesang und Saxophon) Eddie Even (Keyboards), Graham Whitby (Bass) und Anton Hilton (Schlagzeug).
Der Legende nach zogen alle zusammen nach London, um ihre Chancen auf ein musikalisches Weiterkommen zu erhöhen. Sie fanden heraus, wo Jerry Dammers wohnte und schafften es, ihn mit einem Demotape zu einem Termin zum Vorspielen zu überzeugen. Er mochte ihre Songs, meinte aber noch nie in seinem Leben eine so out of tune spielende Band gehört zu haben.
Im Ergebnis entstand die von Jerry Dammets produzierte Window Shopping Single auf Two Tone, die inzwischen bei Discogs dreistellig gehandelt wird und bis zur Saturday Night and Sunday Morning EP das einzige Zeugnis des Schaffens der Band war.
Die 5 Songs dieser EP sind erst 1988 entstanden, von der ursprünglichen Besetzung sind hier nur mehr Brooks und Eddie Eve dabei. Michael Hodges taucht aber bei 2 Stücken in den Songwriter Credits auf. Unter den weiteren Mitwirkenden war Woody Taylor an den Drums, der später auch bei Comet Gain auftauchte.
Es gab damals schon Gerüchte über weitere Aufnahmen in den Archiven wie eine Single, die die Band auf eigenem Label dann doch nicht veröffentlichte (What is soul mit Tissue of Lies auf der Rückseite) und die Hoffnung auf weitere Veröffentlichungen.
Diese wurde nun erfüllt. Firestation bringt die Hearts Will Win Zusammenstellung auf Vinyl und CD heraus.
Hearts Will Win versammelt 8 unbekannte Stücke und eine Live in London Aufnahme aus dem Jahr 1988.
Die als Hearts Will Win betitelte erste Seite wurde in den Chrysalis Studios in London aufgenommen. Es ist völlig gleich, ob das die Demos waren mit denen Sie Jerry Dammers überzeugen wollten oder wahrscheinlicher Aufnahmen aus den Sessions zur Window Shopping Single: The Friday Club zeigen ihre Fähigkeiten den perfekten Soul Pop zu kreieren. Mitreißende Pop Hooks, lässige Beats, soulful vocals und eine coole Instrumentierung mit Bläsern und groovenden Keyboards. Eine wunderbare Melange des Weller Council Souls und der Hipsway Coolness.
Die zweite Seite der LP Live in London wurde 1988 aufgenommen und klingt eher wie ein Live Demo als ein Konzertmitschnitt. Window Shopping ist in seiner ganzen Grandezza zu hören und zeigt was hätte sein können.
Die CD beinhaltet zusätzlich die Saturday Night and Sunday Morning EP in all ihrer Glorie:
Mercy (On my soul) ist lässiger Soulpop mit einem deutlichen Kopfnicken in Richtung Dr. Robert: I just got your message baby, so sad to see you fade away.....Why is it I‘m digging your scene.
Tissue of lies könnte von einer zwischen Café Bleu und Our favourite aufgenommenen EP des Style Council stammen: Ein an Long hot summer erinnernder Beat mit einem sehr zeittypischen Saxophon.
Hangover Square ist die Blaupause für den Mitt Achtziger New Jazz im Geiste von Animal Nightlife.
Wo dieser Weg hinführen kann zeigen sie in Since you went away. Die Faszination für zeitgemäße schwarze Musik - wie sie auch Paul Weller auf dem von mir sehr geschätzten, von der Kritik damals zu Unrecht geschmähten dritten Style Council Album The Cost of Living zeigt - ist deutlich zu spüren. Sicherlich erscheinen die Dance Beats für heutige Ohren etwas dünn, aber so klang damals der Dancefloor.
Das Sly Stone Cover If you want me to stay unterstreicht diese Zielrichtung, in ihrer Aufnahme hier werden aber auch erneut die Bezüge zu Dr. Robert zum Sound der Blow Monkeys deutlich.
Chapeau an Firestation - und wir müssen leider auf einer traurigen Note enden. Leider schließt das legendäre Label seine Pforten und resigniert vor der Arroganz von Bands, die Interesse und eine Wertschätzung nicht goutieren. Wirtschaftliche Zwänge und die immense Preissteigerung für die Vinyl Veröffentlichungen ersticken auch den Enthusiasmus der letzten Fackelträger für den immerwährenden Indie POP Spirit. Uwe und seine Mitstreiter zeichnen verantwortlich für zahllose große Tonträger, die ohne sie niemals das Licht der physischen Veröffentlichung erblickt hätten. Selbst für langjährige Weggefährten und tief in der Materie steckende Fans gab es immer wieder bahnbrechende Überraschunge -?die Freude darüber einen Geschmack zu teilen und unterschätzten Künstlern die verdiente Bühne zu bieten. Sagen wir es mit den Spinners und Edwyn Collins
It‘s a shame.
Keep on burning