19/12/2015
Radio Luxemburg: das Ende einer Epoche
17. April 2014 um 09:40
Radio Luxemburg war das Synonym für Radio schlechthin. In den 60er, 70er und auch noch in den Anfängen der 80er Jahren mit unglaublichem Abstand der beliebteste Sender in Europa. Die Hörerzahlen lagen weit über 20 Millionen täglich.
Doch plötzlich kam jemand, und meinte, er wird das Radio neu erfinden und muss nun alles neu und alles anders machen.
Radio Luxemburg hätte nie und nimmer so viele Veränderungen zulassen dürfen. Man hätte den Sender im Grundstock belassen und sich der Zeit anpassen und zeitgemäße Formate entwickeln müssen, so wie das Radio Luxemburg immer mit unglaublich viel Erfolg gemacht hat. Den
Stil und die Auswahl der Moderatoren behalten müssen, aber auch wieder der Zeit voraus sein, so wie man es von Radio Luxemburg gewohnt war.
Die Moderatoren haben etwas zu sagen gehabt, sie konnten erzählen, sie verstanden es, dich mit ihrer Sprache zu streicheln, zu umarmen, zu fesseln, sie haben dich mit ihrer Art, mit ihrem Stil zu moderieren, zu erzählen in ihren Bann gezogen aus dem man nur schwer wieder heraus kam. Man hatte das Gefühl, man kennt sich, man kennt diese Leute die am Mikrofon saßen. Sie waren wie du und ich. Sie gehörten einfach dazu, zur Familie. Das war einfach so.
Man schaltete das Radio ein und wusste ganz genau wer gerade moderiert. Man kannte sie mit dem Vornamen. Und sie haben respektvoll mit dir gesprochen. Die Moderatoren waren, jeder für sich, einzigartig, sie hatten eine Persönlichkeit. Bei den meisten Moderatoren von heute frage ich mich immer: würden die auch so mit dir reden, wenn sie neben dir wohnen? Würden die auch so mit dir reden wenn es deine Freunde wären? NEIN, würden sie nicht! Das würde sich sehr lustig anhören.
Selbst die Werbung wurde von den Moderatoren so besprochen. Sie wurde so erzählt, das man sich fast schon gefreut hat, wenn sie dir etwas Neues anbieten, ob es das neue Persil war oder der gute Kaffee von Eduscho, den man jetzt mal probieren sollte, sie haben dir gesagt, wie toll das neue Pril mit seinen Prilblumen ist. Man hat es ihnen abgenommen, denn sie waren Deine Freunde, und die werden dich nicht belügen! Das haben sie auch nicht getan. Im Gegenteil: sie haben dir auf etwas Geschmack gemacht.
Jede Sendung hatte eine eigene Erkennungsmelodie. So hieß das damals. Das was man heute im Fernsehen macht, hat man früher schon sehr erfolgreich im Radio gemacht. Jede Sendung hatte seine eigene Verpackung. Und jeder wusste schon, wenn die ersten Töne erklangen, was jetzt kam. Man freute sich, ich freute mich auf jede Sendung. Es war eine Sucht! Radio Luxemburg machte süchtig!
Diese Radiostation, die mehr war als nur ein Plattenspieler war immer seiner Zeit um Weiten voraus. Sendungen, die damals sehr populär waren, werden bei den heutigen Radiostationen nach über 30 Jahren, als „NEU“ deklariert. Das gab es doch damals alles schon einmal. Und zwar bei Radio Luxemburg.
Eine private Radiostation ist heute einer der erfolgreichen Sender, wenn er täglich so sagen wir mal um die 700.000 Hörer hat. Was war denn da Radio Luxemburg? Die hatten an Spitzentagen weit über 20
Millionen Hörer. Eine unglaubliche Zahl, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann. Warum?
Es gab damals noch keine privaten Radiostationen. Die öffentlich rechtlichen waren sehr konservativ und schon lange eingefahren. Wer wollte das noch hören?
Die Menschen haben sich verändert, sie waren in einem Aufschwung, sie veränderten sich, die 60er Jahre, die Revolutionen, der Vietnamkrieg, es tat sich so einiges, die Beatles veränderten die Musik. Die Musik von Elvis wollte man generell verbieten. Es war verboten „Dave Clark Five“ im Radio zu spielen. Schließlich war man doch kein Beatle!
Bei Radio Luxemburg war das alles ganz anders. Hier hatte man das Bedürfnis der Menschen erkannt. Man hat endlich das gespielt wonach sich die Menschen lange gesehnt haben. Hier hat man nicht so steif und leidvoll gesprochen wie es damals bei den öffentlich rechtlichen gang und gäbe war. Und der Erfolg war programmiert und nahm seinen Lauf.
Ende der 80er und Anfang der 90er Jahren hat man dann die Formatradios mehr oder weniger versucht, modern und populär zu machen. Bei den Amerikanern klappte das doch erfolgreich, warum nicht auch bei uns? Plötzlich war man mit seinem Latein am Ende und einer hatte eine glorreiche
Idee und meinte: wir brauchen einen Oldiesender, eine Radiostation, die den ganzen Tag die besten Oldies dudelt. Wirklich den ganzen Tag? Ich wollte das nicht von morgens bis abends hören.
Heute spielen die privaten Radiostationen doch alle das gleiche. Ist das schön? Man weiß ganz genau wann welches Lied kommt, das geht dann Tag für Tag so. Woche für Woche und irgendwann kann man es nicht mehr hören. Und immer diese Trailer nach jedem Song, und immer dieses „Neu“ und jetzt 3 Hits am Stück die dann doch wieder nach jedem Song mit einem Trailer unterbrochen werden, usw. Es nervt gewaltig!
Heute schaltet man eher von einem Sender zum nächsten. Das macht man am Tag ein paar mal. Und wenn ich Lust habe etwas anderes zu hören, dann schaltet man wieder weiter. Die Hörerbindung geht hier natürlich völlig verloren.
Aber hier dachten die Programmmacher, sie haben die Lösung. Gewinnspiele müssen her und zwar solche, wo der Hörer nicht mehr nein sagen kann. Ab sofort haut man Hundert tausende von Euros mit diversen Gewinnspielen hinaus in die Welt, an die Hörer und versucht so die Hörerzahlen zu halten, bzw. zu steigern.
Aber was macht der Hörer: natürlich will er das Geld, natürlich will er seine letzte Rechnung oder seine Urlaubsreise bezahlt bekommen, natürlich will er ein Jahr lang, jedes Wochenende seinen Kasten Bier
geliefert bekommen, aber eigentlich will er diesen Sender, diese ständige Wiederholung an Musik, diese belanglose, inhaltslose und nichtssagenden Moderationen, gar nicht haben.
Heute besteht das Programm fast nur noch aus Vorhersagen, aus das, was gleich im Anschluss nach der Werbung oder der Verkehrslage kommt und gespielt wird. Also, schaltet er das Radio leiser, und hört so nebenbei zu, weil jeden Moment kann doch das Gewinnspiel kommen.
Nun sagen aber Programmmacher und Medienforscher: das Hörverhalten der Menschen, der Hörer hat sich radikal verändert. Der Hörer ist nicht mehr so mit dabei wie er es früher tat. Radio ist nur noch
eine Nebensache geworden.Warum wohl? Die Radiomacher, auch ein Großteil der Moderatoren, moderieren lieblos, ohne Rückgrat und ohne Begeisterung. Es gibt kaum noch Personality im Radio.
Liebe Fachleute, Ihr, die kein Radio macht, Ihr, die nur Zahlen sehen, Ihr macht es doch zur Nebensache! Ihr habt das Radio so gemacht wie es heute ist. Und dann wundert Ihr Euch das die Hörerzahlen rapide in den Keller fallen. Und Ihr fragt Euch allen Ernstes, warum? Hört doch mal auf die Menschen? Hört doch mal auf das was sie wirklich wollen.
Ein Beispiel von hier: ein landesweiter Privatsender in Bayern ist laut Mediaanalyse der beliebteste Private und meist gehörte Radiosender in Deutschland. Seltsam! Denn wenn man hier in Bayern lebt und sich mit den Menschen vor Ort unterhält hört man den negativen Touch des Senders, weil immer die gleiche Musik kommt. Immer das gleiche Gedudel. Sie sagen: "man kann den Sender nicht hören, Tag um Tag immer die gleiche Musik, Monat um Monat und Jahr um Jahr. Dazwischen immer die gleichen Trailer. Und was jetzt als neu verkauft wird liegt bei anderen Sendern, mittlerweile öffentlich rechtlichen Stationen, schon bei den Oldies! Die Musikwünsche der Hörer sind keine anderen als das, was eh schon den ganzen Tag im Programm läuft.
Welcher Radiosender spielt heute Popmusik, Klassik, Operetten, Instrumentals, Rock , Schlager und Volksmusik in einer Sendung, auf einer Station? Das ist doch undenkbar? Nein, warum undenkbar? Viele Hörer, die Popmusik hören, lieben auch schöne Schlager, (siehe Helene Fischer, Andrea Berg oder Beatrice Egli, etc.). Oder sie mögen genau so solche Rockmusik der 80er oder 90er oder von heute. Warum darf ich das nicht weiterhin im Radio hören, und zwar auf einer Station? Ich glaube das man sich heute einfach nicht mehr traut wieder etwas zu verändern, etwas neu erfinden, was es ja eigentlich schon mal sehr erfolgreich gab.
Natürlich hat Radio heute eine andere Bedeutung bekommen, einen anderen Stellenwert! Das Radio von heute hat sich sehr verändert. Die Hörgewohnheiten haben sich verändert. Das Internet hat das gesamte Leben verändert. Und genau jetzt hätte man doch alle Chancen der Welt. Aber die Welt hat sich immer wieder verändert. Das Radio hat sich immer wieder verändert. Der Geschmack der Menschen und auch die Musik haben sich genau so verändert.
Ich bin felsenfest davon überzeugt, Radio Luxemburg hätte heute wieder eine größere Chance denn je. Siehe RTL Frankreich, siehe RTL Luxemburg! Ich bin überzeugt, RTL Radio Luxemburg hätte heute wieder ganz große Chancen und könnte heute wieder zu einem der meist gehörten Radiostationen werden.
Da bin ich mir ganz sicher, schon lange sicher! Wetten...dass? Bei den Franzosen oder den Luxemburgern klappt das auch! Und die haben auch Privatradio. Aber sie haben an der Verpackung nie viel verändert, sie haben den Programminhalt der Zeit angepasst!
Radio Luxemburg, das deutsche Programm hat sich selbst zu Grabe getragen. Um Gottes Willen nicht die Moderatoren, aber die Macher in den Chefetagen, die eigentlich kein Radio machen, ihnen ist die Schuld zuzuschreiben.
Und nun verlässt man auch noch die Geburtsstätte von Radio Luxemburg, mit all dem was noch vom "alten" Radio Luxemburg übrig blieb. Den Charme und das Luxemburger Flair. Man verlässt die Heimat, man geht in ein anderes Land, in eine andere Stadt, in die deutsche Hauptstadt.
Das gleiche gilt übrigens auch für Radio Luxembourg 208
Karl-Heinz Mohr, April 2014