25/12/2023
Die Weihnachtspredigt von Pfr. Jens Henning in der Kurzversion. Für alle, die nicht in der Christmette dabei sein konnten oder einfach nochmal nachlesen wollen…
„Ist es wirklich so wie so manche Religionssoziologen sagen, Weihnachten ist der letzte Rest der christlichen Kultur in unserem Land?
Aber feiert letztlich nicht die ganze Nation, die Mehrheit der Welt, ob gläubig oder nicht, den Geburtstag von Jesus aus Nazareth. Warum? Warum sind Sie heute gekommen?
Ich glaube es gibt drei Gründe, warum Menschen wie sie und ich uns an Weihnachten aufmachen, um hier gemeinsam zu feiern:
Der erste Grund ist wohl eine nicht auszulöschende Sehnsucht des Menschen. Wir wollen daran festhalten, daran glauben, dass die Welt und das Leben nicht sinnlos sind, dass es einen tieferen Grund gibt, der alles trägt, jemand/etwas, das die Welt im Innersten zusammenhält.
Diese Sehnsucht, dass da jemand ist, der mich liebt, bis zum Ende, so wie ich bin. Die Sehnsucht, dass diese Welt und mein Leben im Letzten nicht sinnlos sind. Gerade dann wenn alle Sinnentwürfe des Lebens: Beziehung, Beruf, Familie… einmal wegbrechen sollten, dass dann mein Leben und das Leben meiner Liebsten aufgehoben und getragen ist von einer Liebe, die alles übersteigt.
Für alle diese Sehnsucht, für diese Hoffnung, gibt es auf der Welt ein Wort: Dieu, god, allah, dio, Gott
Der zweite Grund ist wohl die Geburt dieses Menschen aus Nazareth. Jesus, den wir den Christus nennen. Selbst Menschen, die nicht an Gott glauben können, schätzen diesen Jesus, der Toleranz, Gerechtigkeit und Nächstenliebe gelebt hat.
Sein Blickwinkel, seine Sichtweise auf die Welt, auf die Menschen und Gott begeistern und sind auch heute noch revolutionär. Er tritt konsequent für das Leben ein. Für Menschen am Rande der Gesellschaft, für Menschen in Not, für Menschen, deren Leben gescheitert ist.
Wer sich Christ nennt, tritt mit Jesus ein gegen Hass, Rassismus und Antisemitismus, gegen Nationalismus. Als Christ engagiert man sich nicht in rechtsradikalen Parteien oder wählt diese.
Und es gibt wohl einen dritten Grund, warum wir hier sind. Wir spüren, dass es im Leben doch immer um Gemeinschaft geht. Ja wir feiern Weihnachten zusammen, wir gehen unserer Sehnsucht und unserer Hoffnung nicht alleine nach. Es ist schön und tröstlich, gemeinsam Gott in der Welt und in meinem Leben zu suchen und zu finden. Das bedeutet Kirche sein. Ja es gibt Probleme in der Kirche, und ein Grundproblem ist, dass manche immer noch ein kleinkariertes Bild von Gott haben, ein Gottesbild das vor 3000 Jahren oder im Mittelalter mal geherrscht hat. Sie wollen unbedingt an einer antiken Morallehre und einem antiquierten Frauenbild festhalten. Als ob Gott so klein wäre, dass er Menschen die sich lieben, in einer zweiten Ehe oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft nicht segnen würde oder er nicht durch Pfarrerrinnen oder Päpstinnen wirken könnte. Das Christentum ist keine Moralreligion des erhobenen Zeigefingers; eine tiefe Ethik ja, aber wir müssen diese überkommene Morallehre endlich hinter uns lassen. Das Christentum ist eine Religion der Erlösung, der Befreiung, der Freude und Hoffnung, der Freiheit.
Schwestern und Brüder, ich habe für mein Leben folgende Lebensziele ausgemacht: dass ich Gott in meinem Leben, in meinem Herzen, immer mehr entdecke und immer mehr das Vertrauen entwickle, er ist wirklich da, er liebt mich unendlich. Und nicht nur in mir ist er da, sondern letztlich in allem was mir begegnet, in jeder Pflanze, in jedem Tier und in jedem Menschen. Dass ich deshalb immer mehr zu einem liebenden Menschen nach dem Vorbild Jesu werde. Dann wird es wirklich Weihnachten für mich.“