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05/06/2025

Rubrik: Deutschland

Die Deutschen müssen sich an politische Zuversicht erst wieder gewöhnen

(dpa/ NZZ) Deutschland ist die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt. Nicht allen deutschen Staatsbürgern ist das bewusst, aber es bedeutet etwas.

In der jüngeren Vergangenheit – besonders unter der sogenannten Ampelkoalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen – wurde ziemlich konsequent an Deutschlands realer Bedeutung vorbeiregiert. Das Bündnis passte schon ideologisch nicht zusammen und setzte in der Praxis falsche Schwerpunkte. Es brachte Europa und dem angeschlagenen Westen keine neue Stärke.

Statt Wirtschaft und Wehrhaftigkeit zu fördern, erlaubte der sozialdemokratische Bundeskanzler Olaf Scholz seinen Ministern, sich mit esoterischen gesellschaftspolitischen Projekten zu verzetteln.

Die steuerfinanzierte Alimentierung von Leistungsempfängern aller Art schien wichtiger zu sein als die Belange der arbeitenden Bevölkerung. Bei der Bundestagswahl im Februar wurden SPD, Grüne und FDP für ihren untauglichen Regierungsversuch brutal abgestraft.

Merz und Klingbeil hängen sich rein

Unter dem christlichdemokratischen Bundeskanzler Friedrich Merz beginnt nun etwas Neues, wenn auch im alten Gewand: die fünfte Grosse Koalition zwischen Union und SPD in der Geschichte der Bundesrepublik.

Merz und sein Vizekanzler Lars Klingbeil von der SPD mögen in ihren Rollen noch schwer einzuschätzen sein – aber sie bemühen sich erkennbar um einen Politikwechsel. Merz ermöglicht seinem christlichsozialen Innenminister Alexander Dobrindt eine härtere Einwanderungspolitik, obwohl es dagegen nicht nur in der SPD, sondern auch in der Union nach wie vor substanzielle Widerstände gibt, die von der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel inspiriert sind.

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil kämpft darum, die Rolf Mützenichs und die Ralf Stegners seiner Partei von ihrem links-pazifistischen Kurs gegenüber dem Aggressor Russland abzubringen. Er will auch das hemmungslose Wachstum der Bundesbehörden stoppen und – jenseits der derzeit geplanten Milliardenschulden – einen systematischen Sparkurs der Bundesregierung einleiten.

In einem internen Analysepapier, über das zunächst die «Bild»-Zeitung berichtete, geht die SPD-Führung zudem äusserst hart mit der eigenen Regierungsleistung unter Olaf Scholz ins Gericht. Offenbar versucht Klingbeil, auch eine sozialpolitische Neuorientierung durchzusetzen – weg von der «zielgruppenorientierten» Verteilungspolitik vergangener Jahre.

Routinierte Verdammnisurteile

Ein Aufbruch zum Wohle des Landes scheint also möglich und könnte sogar zum Erfolg führen, wenn die veröffentlichte Meinung für einen Moment mit ihren routinierten Verdammnisurteilen innehielte. Gewiss: Zu Ampelzeiten war es fast unvermeidbar, Fehler im Regierungshandeln zu finden – sie tanzten gewissermassen n***t auf der Strasse herum. Aber ist jetzt nicht der Augenblick für ein klein wenig Vorschussvertrauen gekommen?

Am ausschliesslich apokalyptischen Denken kann Deutschland auf die Dauer nur kaputtgehen. Und einiges, was die Regierung Merz beginnt, macht doch Hoffnung: die beherztere Unterstützung der Ukraine zum Beispiel. Die Aufrüstung und personelle Stärkung der Bundeswehr. Ein entschlossen optimistischer Umgang mit dem so seltsam gewordenen Verbündeten USA. Eine kommunikativere EU-Politik – ob es nun um das gemeinsame Asylrecht oder um den schwierigen Umgang mit den amerikanischen Tech-Konzernen geht.

Wenig Einfallsreichtum hat das neue Regierungsbündnis bis anhin nur bei der Auseinandersetzung mit der AfD erkennen lassen. Ausgrenzung und parlamentarische Diskriminierung wirken offensichtlich als Wahlhelfer für die Rechten – wahrscheinlich müssten sie stattdessen durch Normalbehandlung auf ein Normalmass reduziert werden.

Dabei könnte die Formulierung eines freundlichen deutschen Nationalgefühls helfen, das die schreckliche Vergangenheit dieses Landes nie ausblendet, sich aber trotzdem die Freude auf eine Zukunft erlaubt. Vieles an und in Deutschland war oder ist schön und gut: der Wald, die Autoindustrie, die Wurst, das Bier, der Pferdesport, die Dichter, das Grundgesetz, das Vereinswesen, die Zivilität der meisten Bürger im Umgang miteinander.
Vieles kann gut werden – oder wieder gut werden.

Es ist Zeit für ein bisschen Zuversicht.

30/05/2025

Rubrik: Gesellschaft

Der lange Abstieg des deutschen Ingenieurs
(FAZ, 26.5.2025)

In wichtigen Zukunftstechnologien hat Deutschland den Anschluss verloren. Das liegt an Fehlern in der Ausbildung und der Angst vor neuer Technik. Früher war das mal ganz anders.

Klimawandel, Digitalisierung, Verteidigung, demographischer Wandel – viele der drängendsten Aufgaben unserer Zeit sind technischer Natur. Ihre Lösung hängt maßgeblich von Menschen ab, die Technik nicht nur verstehen, sondern gestalten können. Ingenieure, so beschreibt es der Verein Deutscher Ingenieure, seien „Gestalter der Zukunft“, andere nennen sie den „Schlüssel zur Nachhaltigkeit“.

Und doch: Die Zahl der Studienanfänger in ingenieurwissenschaftlichen Fächern geht seit Jahren zurück. In zentralen Zukunftsfeldern wie dem autonomen Fahren, der vernetzten Industrie oder der Künstlichen Intelligenz verlieren deutsche Unternehmen den Anschluss. Wie konnte es so weit kommen – in einem Land, dessen Ingenieurausbildung einst weltweit bewundert und imitiert wurde?

Die ingenieurwissenschaftliche Ausbildung in Deutschland hat mit den Anforderungen der digitalen Zeit nicht Schritt gehalten. Informatik und Programmieren wurden lange als Nebensache behandelt, obwohl ihre Bedeutung seit Jahrzehnten unbestritten ist. Doch Initiativen, Informatik in die elektrotechnischen Fachbereiche zu integrieren, wurden noch in den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts als „Sündenfall“ bekämpft. Statt Synergien zu nutzen, trennten viele Universitäten Informatik und Ingenieurwissenschaften organisatorisch wie inhaltlich.

Die Informatik wanderte in die mathematischen Fakultäten und wurde dort häufig theorielastig gelehrt; viele Ingenieure hatten sie nie auf dem Lehrplan stehen. In den USA wurde dagegen in der Elektrotechnik das Fakultätsmodell „Electrical Engineering and Computer Science“ prägend. Heute sind es in Deutschland oft Fachhochschulen, die Informatik und Elektrotechnik systematisch verbinden.

Dresden bot 1921 den technischen Volkswirt an

Dabei sind Softwarekomponenten längst fester Bestandteil nahezu aller hoch entwickelten technischen Produkte. Ohne digitale Steuerung und Programmierung funktionieren weder Robotik noch autonomes Fahren oder intelligente Infrastruktur. Andere Länder erkannten diese Entwicklung früher und setzten auf praxisnahe Ausbildung. Nun verdienen sie an den entsprechenden Produkten.

Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass die deutsche Ingenieurausbildung früher mehr mit der Zeit gegangen ist. Bereits 1904 etablierte die Technische Hochschule Berlin (heute TU Berlin) den Studiengang „Diplom-Verwaltungsingenieur“. Ziel war es, technische und wirtschaftliche Kompetenzen im Staatsdienst zu verankern. Der Initiator, der Bauingenieur Wilhelm Franz, sah darin eine Antwort auf die wachsende Komplexität moderner Gesellschaften. Verwaltungsangestellte sollten „Träger des technischen und wirtschaftlichen Geistes“ sein – Führungskräfte mit „Verständnis für das praktische Leben“.

Das war nicht die letzte Veränderung in der Ingenieurausbildung. In der lokalen Verwaltung wuchs der Wunsch nach technisch versierten Generalisten. Die TH München reagierte 1922 mit der Einführung des Studiengangs „Diplom-Wirtschafter“. Dresden bot 1921 den technischen Volkswirt an, 1927 folgte in Berlin der Wirtschaftsingenieur.

„Technikfeindlichkeit“

Doch nicht allein die Ausbildung der Ingenieure erklärt den heute in Deutschland zu beklagenden Rückstand. Auch die gesellschaftliche Haltung zur Technik spielt eine Rolle. Technologischer Fortschritt setzt kollektive Offenheit und Vertrauen voraus. In Deutschland jedoch überwiegen oft Skepsis und Bedenken, etwa beim Datenschutz. Das Interesse der deutschen Bevölkerung an neuen technologischen Entwicklungen ist laut Eurobarometer zwar knapp überdurchschnittlich, aber steigt in anderen Ländern mehr.

Das zeigt sich schon in der Popkultur. Befassen sich Filme und Bücher mit Zukunftsszenarien und Technologie, herrschen Endzeitszenarien und die Furcht vor Kontrollverlust vor. Bücher wie jene von Jules Verne, der seine Leserschaft mit phantastischen Reisen in unbekannte Welten dank technologischer und naturwissenschaftlicher Fortschritte für das technisch Machbare begeisterte, finden sich nur noch in China.

Chinesische ­Science-Fiction-Autoren schreiben über Weltraumfahrten und neue Gesellschaften, ermöglicht durch Technologie.

Der Beginn dieser Entwicklung lässt sich in Deutschland auf die Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts datieren. Umweltprobleme wurden zunehmend als Nebenwirkungen technischer Großsysteme verstanden. Die Technikwissenschaften, einst als Lösungskompetenz angesehen, gerieten nun in den Verdacht, Teil des Problems zu sein. Als Folge entstanden weltweit Institutionen zur Technikfolgenabschätzung. Debatten über das Verhältnis von Technokratie und Demokratie gewannen an Bedeutung. Der Begriff „Technikfeindlichkeit“ machte die Runde – empirisch belegt wurde sie nie, entwickelte sich aber zum Kampfbegriff in wirtschaftsnahen und politischen Diskursen. Die Sorge: Eine kritische Haltung der Gesellschaft gegenüber neuen Technologien gefährde den industriellen Kern der westdeutschen Gesellschaft. Exemplarisch in Westdeutschland sind die Auseinandersetzungen über Kernenergie, die Startbahn West in Frankfurt oder Großprojekte wie den Rhein-Main-Donau-Kanal. Auch in der DDR wurden Umweltprobleme dem technischen Fortschritt zugeschrieben, was dazu beitrug, dass der anfänglich gepflegte technik-wissenschaftliche Austausch mit Westdeutschland zum Erliegen kam.

Technikbegeisterter Monarch

Die Ingenieure spürten die Technikskepsis unmittelbar. 1969 gründeten Siemens-Mitarbeiter den Arbeitskreis „Wissenschaftliche Angestellte in der Elektroindustrie“, der bald zur branchenweiten Interessenvertretung unzufriedener Ingenieure avancierte. Für knapp ein Drittel der Mitglieder war die mangelnde Wertschätzung in der Öffentlichkeit der maßgebliche Grund für den Beitritt.

Rund 70 Jahre zuvor hatte der Ingenieur dagegen noch als Hoffnungsträger der Moderne gegolten. Im Oktober 1899 feierte das Königreich Preußen die Jahrhundertfeier der Technischen Hochschule Berlin – ein Ereignis von nationaler Strahlkraft, das Wissenschaft, Verwaltung, Militär und Politik gleichermaßen mobilisierte. Im Zentrum der Feierlichkeiten stand die Verleihung des Promotionsrechts an die preußischen Technischen Hochschulen durch den preußischen König und deutschen Kaiser Wilhelm II. Binnen eines Jahres folgten auch die anderen Teilstaaten des Deutschen Reichs. Durch seine beherzte Entscheidung löste Wilhelm II. einen gordischen Knoten: Mit dem Doktortitel für Ingenieure standen die Technischen Hochschulen nun auf Augenhöhe mit den traditionellen Universitäten, auch wenn der neue Grad in Abgrenzung zu den lateinischen Titeln der Universitäten auf Deutsch gehalten wurde.

Gleichzeitig mit dem Dr.-Ing. wurde ein weiteres Fundament für den Ingenieurstand gelegt: die Einführung des „Diplom-Ingenieurs“. Denn die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ war nicht geschützt; jeder Bastler konnte sich so nennen. Der Dipl.-Ing. sicherte den Status der Absolventen, womit er dem Beruf zu neuer Autorität und sozialer Distinktion verhalf. In der standesbewussten und titelfixierten damaligen Gesellschaft war das äußerst wichtig, galten akademische Grade, Militärränge und Amtsbezeichnungen doch als symbolische Kompensation des Bürgertums für die formalen Privilegien des Adels.

Nach dem Jubiläum der TH Berlin schrieb Wilhelm II. in einem Telegramm den Ingenieuren eine historische Rolle zu. Sie seien „in der kommenden Zeit zu großen Aufgaben berufen“, womit er „nicht bloß technische, sondern auch große soziale“ meinte. Die Hoffnung des auch ansonsten technikbegeisterten Monarchen war, dass „die besten Familien, die sich anscheinend sonst ferngehalten haben, ihre Söhne der Technik zuwenden“.

Naive Technikbegeisterung

Wie viele andere setzte Wilhelm II. große Hoffnungen auf die Technik als Mittel zu allgemeinem Wohlstand und um Staaten in einen friedlichen Wettstreit zu führen. Er besuchte technikwissenschaftliche Vorlesungen und stand als Namenspate für Stipendien bereit. Häufig wird behauptet, Wilhelm II. habe das Pferd dem Automobil vorgezogen. Das ist nicht korrekt: Der kaiserliche Marstall führte motorisierte Fahrzeuge aller Art, und seine Söhne Adalbert und Oskar wie auch seine Brüder Friedrich Leopold und Heinrich hatten sogar mehrere Autos auf ihren Namen registriert.

Heute ist der einstige Glanz des deutschen Ingenieurs verblasst. In Staat und Verwaltung dominieren Rechts- und Politikwissenschaften. Der Anteil der Ingenieure an der deutschen werktätigen Bevölkerung liegt bei knapp über vier Prozent. Dagegen hat mehr als jeder zweite Leiter einer Bundes- oder Landesverwaltung einen juristischen Hintergrund – ein höherer Anteil als in jedem anderen europäischen Land. Im vorigen Bundestag hatten lediglich 24 von 733 Abgeordneten einen ingenieurwissenschaftlichen Abschluss. In der letzten Bundesregierung befand sich mit Umweltministerin Steffi Lemke nur eine einzige Ingenieurin – und in der soeben vereidigten Bundesregierung fehlt Ingenieurerfahrung gänzlich.

Zwar bringen mit Digitalminister Karsten Wildberger und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche zwei Mitglieder einen naturwissenschaftlichen Hintergrund mit – Physik und Chemie. Doch ihnen stehen sieben Juristen und Juristinnen gegenüber.

Diese Zahlen sind bezeichnend für die wachsende Distanz zwischen Technik und Politik. Dabei schrieb schon Wilhelm Franz, der Vater des „Verwaltungsingenieurs“, dass die „Jurisprudenz nicht die Wissenschaft der Verwaltung“ sei. Es sei daher die Frage gestattet, ob die überbordende Regulierung in allen möglichen Bereichen mit der geringen und rückläufigen Repräsentanz von Ingenieuren in Staat und Verwaltung zusammenhängt. Das Entdecken von Problemen nimmt zu, Lösungen selbst treten in den Hintergrund.

Die naive Technikbegeisterung zu Beginn des 19. Jahrhunderts kann kein Leitbild für eine moderne Gesellschaft sein. Doch wer technische Systeme verstehen will, muss sie nicht nur verwalten, sondern auch denken können – im wörtlichen wie im gestalterischen Sinn. Die großen Herausforderungen unserer Zeit sind nicht allein juristische, ethische oder politische Probleme. Sie sind vor allem technische Probleme. Wenn die deutsche Gesellschaft hier Antworten finden will, braucht sie wieder mehr Menschen in Verantwortung, die das Technische nicht als Problem, sondern als Lösung begreifen. Ingenieure gehören in diese Verantwortung – nicht nur in Werkshallen und Laboren, sondern auch in Parlamenten und Behörden. Und vielleicht sogar wieder ins Zentrum einer Erzählung, die Zukunft nicht fürchtet, sondern entwirft.

Michael E. Rose erforscht Innovationsprozesse am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb in München.

30/05/2025

Rubrik: Sport

POKALFINALE IN BERLIN: DFB-STATEMENT ZU WARTESCHLANGEN AM EINGANG SÜD

(DFB) Den Deutschen Fußball-Bund (DFB) haben Berichte von Fans zu längeren Wartezeiten am Eingang Süd des Berliner Olympiastadions beim DFB-Pokalfinale am vergangenen Samstag zwischen Arminia Bielefeld und dem VfB Stuttgart (2:4) erreicht. Es ist bedauerlich, wenn dadurch dieses einmalige Stadionerlebnis getrübt wurde. Wir wissen, dass die Zuschauer*innen sich frühzeitig auf den Weg gemacht haben, um ihre Vereine zu unterstützen, und verstehen den Ärger. Für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigen wir uns.

Aktuell arbeiten wir intensiv daran, die Ursachen für die Verzögerungen am Einlass Süd im Detail zu ermitteln. Dies beinhaltet eine Analyse aller relevanten Faktoren wie eine Überprüfung der Ticketscansysteme, der Wegeführung der Fans und der Abläufe an den Personenkontrollen. Um sicherzustellen, dass die Abläufe - wie bei DFB-Veranstaltungen üblich - künftig wieder reibungslos ineinandergreifen.

Update Mittwoch, 28. Mai:

Uns hat seit Sonntag eine Vielzahl weiterer persönlicher Nachrichten von Fans erreicht. Wir sind bestürzt über die geschilderten Erfahrungen und werden allen Stadionbesuchern*innen, die sich an uns gewandt haben, persönlich antworten. Gleichzeitig danken wir denjenigen, die vor Ort waren, für ihre Besonnenheit und ihr verantwortungsvolles Verhalten.

Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die komplexen Ursachen der Vorkommnisse umfassend zu analysieren. Nach derzeitigem Stand handelt es sich um eine Verkettung mehrerer Faktoren:

· Fehlgeleitetes Besucher*innenaufkommen vor dem Ost- und dem Südtor

· Ticketabwicklung am Drehkreuz samt Personenkontrolle

· Wirkungsschwache Kommunikation bei Umleitungsansagen

· Bauliche Herausforderungen des Olympiastadions

Wir arbeiten die genauen Abläufe weiterhin akribisch auf und sind in engem Austausch mit allen beteiligten Partnern - Sicherheitskräften, Stadionbetreiber und Ordnungsdienst.

Es ist unser oberstes Ziel, aus den Vorkommnissen zu lernen, damit sich solche Situationen bei künftigen DFB-Pokalendspielen, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit der Fans, nicht wiederholen. Wir prüfen in Absprache mit dem Olympiastadion und den Behörden alle verfügbaren Optionen zur Verbesserung der Fan-Lenkung und Sicherheit an den bestehenden Eingängen und werden darin investieren. Dazu gehören die Überprüfung zusätzlicher Eingänge oder anderer Formen der Kontrolle, die Verbesserung unserer Analyseverfahren, die Optimierung der Kommunikation zwischen allen Akteuren und der Einsatz von mehr und besser geschultem Personal.

09/05/2025

Rubrik: History

Wer sich erinnert, wird empathischer und demokratischer

Berlin, vor genau achtzig Jahren: Die Strassen sind überlagert von Trümmern und rauchenden Ruinen.

Die Rote Armee ist in der Stadt, sie hat den Widerstand der Nazihauptstadt endgültig gebrochen. Als die obersten Führer des Terror- und Mörderstaats tot in seinen Trümmern liegen, flieht auch der verbliebene Rest ihrer engsten Mitarbeiter. Die meisten von ihnen werden – zumeist von der Roten Armee – gestellt.

Es gehört nicht viel Phantasie und nur ein wenig geschichtliches Wissen dazu, an einer fast beliebigen Stelle in Deutschland die Augen zu schliessen, um für sich die Vergangenheit zum Leben zu erwecken.

Wer heute am Hauptbahnhof in der deutschen Hauptstadt ankommt, ist nur wenige Meter entfernt von der Stelle, an der Martin Bormann, Leiter der Partei-Kanzlei, in der Nacht zum 2. Mai auf russische Soldaten traf. Wahrscheinlich schluckt er dort aus Panik eine Kapsel, die dem Mitorganisator des Judenmords zuverlässig den Tod bringt. An der Stelle befindet sich heute ein Aldi-Supermarkt.

Und wer heute in Berlin die Linie U6 nutzt, eine der am stärksten frequentierten Nord-Süd-Achsen der U-Bahn, oder über die zentral gelegene Weidendammer Brücke geht, nimmt den Weg, auf dem sich Hitlers Leibwächter Rochus Misch vom «Führerbunker» aus durchgeschlagen hat.

Die Geschehnisse in den letzten Kriegstagen mögen in Berlin besondere Tragweite haben, aber keine Kleinstadt, kein Dorf in Deutschland kann sich dem Ende des Kriegs und des nationalsozialistischen Systems entziehen. Der kranke Traum vom Grossdeutschen Reich endet nicht einfach. Nur unter höchsten Kosten auf allen Seiten ist den Deutschen, die sich für Herrenmenschen halten, überhaupt beizukommen.

Wo sich der Rauch verzieht, kommt das Grauen ans Licht, das das NS-Regime – getragen von einer überwältigenden Mehrheit der Deutschen – verursacht hat. Die Stunde null entsteht in Deutschland nicht durch Revolution, sondern aus der totalen Niederlage und dem ethischen Bankrott eines gesamten Volks, der in der Menschheitsgeschichte einen Tiefpunkt darstellt.

Deutschlands Gegner bezahlen einen hohen Preis, um die Welt vor dem Nationalsozialismus zu schützen: Tausende junge Soldaten lassen ihr Leben, um den Terror zu beenden; Amerikaner und Briten im Namen von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten.

Deutschlands Strassen sind auch mit ihrem Blut getränkt, Deutschlands Freiheit ist mit ihren Leben erkämpft.

Wer überlebt hat, ist traumatisiert. Und in den letzten Kriegswochen erleben erstmals viele Deutsche, gerade in jenen Landstrichen, die von Russen befreit werden, wie eine gegnerische Armee wüten kann – auch wenn ihr Erleben kaum in einer Relation steht zu dem Horror, den Wehrmacht und SS über Europa brachten.

NS-Täter gelangen in hohe Ämter

Was kann aus einem Land werden, das diese Verbrechen zu seiner Geschichte zählen muss? Und welche Gesetzmässigkeiten und Erkenntnisse lassen sich für die Gegenwart aus ihr ableiten?

Im Osten Deutschlands wird die individuelle Schuld zum Teil verschwiegen – die Menschen dort haben andere Probleme, sie müssen die Errichtung der zweiten Diktatur auf deutschem Boden ertragen.

Im Westen dauert es, bis die gesellschaftliche Aufklärung einsetzt. Wer sich im «Dritten Reich» schuldig gemacht hat, gelangt oft noch in mächtige Positionen; das prominenteste Beispiel durchlebt die junge Bundesrepublik im «Ländle» – in Baden-Württemberg wird Hans Filbinger Ministerpräsident, er hat als ehemaliger NS-Richter Blut an den Händen, wie sich ausgerechnet in der Aufklärung seiner Taten, der er sich bis zu seinem Tod verweigert, zeigt.

Die erste Welle der Aufklärung ist den Alliierten zu verdanken, die die Deutschen auf eine Art Bildungsbesuch in ihre eigenen Lager schicken, um ihnen den Horror zu veranschaulichen und die Leugnung unmöglich zu machen. Darauf folgt das Verdienst der ersten Nachkriegsgeneration, die häufig mit sehr schweigsamen Eltern aufgewachsen ist, aber nicht aufhört, Fragen zu stellen.

Am Ende wird ihr Protest gegen den «Muff von tausend Jahren», der nach wie vor unter Professoren, in Behördenleitungen, in der Politik, im Sport und in Redaktionen zu finden war, so radikal, dass sich die neue, junge deutsche Linke aus der Kurve tragen lässt. Ihre radikalen Teile biegen schnurstracks in die falsche Richtung ab und richten sich – psychologisch bemerkenswert – ausgerechnet gegen den Staat Israel, wo viele Überlebende des Naziterrors Zuflucht gefunden haben.

Was Deutschland in diesen Jahren und bis heute prägt, ist der Wunsch, «ein anständiges Land zu werden und zu bleiben». Seit einigen Jahren muss man aber fragen, ob das noch immer gilt und ob es nicht Kräfte gibt, die an den Ast der Demokratie die Säge angelegt haben.

Ja, dazu gehören auch Teile der AfD. Streiten aber kann man – und gestritten wird auch – über viele andere Aspekte, die im weitesten Sinne zum Phänomen AfD gehören; also zum grossen Richtungsstreit der deutschen Gesellschaft.

Wo beginnt die Demokratie zu bröckeln? Wenn die AfD in Umfragen stärkste Macht wird? Schon zuvor? Oder erst, wenn sie die Regierung stellt? Oder wenn die AfD vom Verfassungsschutz als «gesichert extremistisch» eingestuft wird, ohne dass die Argumente dafür bekanntgemacht werden?

Droht ein Verfall demokratischer Werte, wenn Merz im Bundestag nicht auf Anhieb gewählt wird? Oder wenn Merz mit den Stimmen der Rechtsnachfolger der zweiten deutschen Diktatur, der Linken, zur Wahl verholfen wird?

Es ist nicht immer einfach, den richtigen Weg im Dickicht der Argumente zu finden. Einig sind sich viele nur darin: Vor dreissig, vierzig Jahren war Deutschland ein ruhigeres Land, reicher, selbstbewusster, klüger agierend. Die Nato bot Schutz, die Uno war nicht zu einem Instrument israelfeindlicher und dem Westen kritisch gegenüberstehender Kräfte verkommen, die EU war noch kein überbürokratisiertes Staatengebilde, das Schuldenschutzschirme mit ungeschützten Grenzen kombiniert.

Geopolitisch erinnern der Krieg in der Ukraine, die Spannungen im Südchinesischen Meer oder die wiederkehrenden ethnischen Konflikte unangenehm daran, dass es in der Politik letztlich um Macht, Territorium und Überleben geht – und nicht um Rechtsnormen allein.

Der 8. Mai als Prüfstein

Was kann in dieser Situation als Quintessenz und Lehre aus achtzig Jahren 8. Mai gelten? Vielleicht dies: Erinnerung ist kein Besitz, sondern eine Praxis, die ständig erneuert werden muss, auch in kleinen Fragen, die vermeintliche Details betreffen. Die deutsche Geschichte verpflichtet: zu einem klaren «nie wieder», und das bedeutet in erster Linie den Schutz von Juden. Dann kommt lange nichts, die Aufgabe ist gross genug. Gerade erst ist Deutschland in einer umfassenden Studie als für Juden gefährlichstes Land unter sieben Industrienationen benannt worden.

Immerhin: Merz’ neues Kabinett scheint in den ersten 24 Stunden begriffen zu haben, was zu tun ist. So werden zum Beispiel im Verantwortungsbereich des Kulturstaatsministers Entgleisungen wie die antisemitische Documenta durch neues Personal sofort unmöglich gemacht.

Der 8. Mai ist achtzig Jahre später nicht Vergangenheit, sondern ein Prüfstein: Wie wir mit Geschichte umgehen, zeigt, ob wir aus ihr gelernt haben.

Es reicht, gelegentlich innezuhalten, an einem beliebigen Ort in Deutschland, und sich zu vergegenwärtigen, was vor 80, 85, 90 Jahren an dieser Stelle geschah. Das kann helfen, empathischer und demokratischer zu werden.

Die Strasse, in der Hitlers verbrannte Überreste lagen, heisst heute übrigens Gertrud-Kolmar-Strasse. Die jüdische Dichterin war ihrer Schwester nicht ins Exil in die Schweiz gefolgt, weil sie ihren schwerkranken Vater pflegte. Er wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo er starb. Gertrud Kolmar wurde nach Auschwitz verschleppt und wohl unmittelbar nach ihrer Ankunft in einer Gaskammer ermordet.

Rubrik: Worte zum….Wochenende
09/05/2025

Rubrik: Worte zum….

Wochenende

03/05/2025

Rubrik: Politik

In Deutschland formiert sich eine Koalition des Stillstands. Das macht die AfD nicht klein

(NZZ/ dpa) Von allen bundesdeutschen Kanzlern hat Friedrich Merz den ungewöhnlichsten Werdegang. Seine politische Karriere war bereits beendet, bevor sie richtig begonnen hatte.

Kurz nach der Jahrtausendwende verlor er den Machtkampf gegen Angela Merkel und zog sich verbittert in die Privatwirtschaft zurück. Erst nach zwei Dekaden und dem Rückzug der Patriarchin eroberte Merz das Amt zurück, aus dem er einst verdrängt worden war, den Vorsitz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Jetzt steht er vor der Krönung seiner Laufbahn: der Wahl zum Kanzler.

In Amerika wäre die Lebensgeschichte der Stoff für eine Heldensage. In Deutschland weisen die Medien sauertöpfisch darauf hin, dass Merz bei Blackrock mehr als den Mindestlohn verdiente. Dass er nicht die übliche Ochsentour eines Berufspolitikers absolviert hat, passt zur gegenwärtigen Lage. Deutschland befindet sich im Niedergang und braucht mehr als einen routinierten Verwalter. Ob Merz dieser Aufgabe gewachsen ist?
War die Empörung über die rot-grünen Kulturkämpfer nur eine Show?
Nach der Mordtat eines Asylmigranten in Aschaffenburg stiess Merz kurzentschlossen seinen Wahlkampf um. Nicht mehr die Wirtschaft stand im Mittelpunkt, sondern die Einwanderung. Wie wenig durchdacht das war, zeigte sich rasch.

Merz geriet in Erklärungsnöte, weshalb er sich zwar im Bundestag von der AfD unterstützen liess, aber dennoch eine Zusammenarbeit kategorisch ausschloss. SPD und Grüne schlachteten den Widerspruch genüsslich aus.

Anhänger, denen Denkverbote gegen den Strich gehen und die deshalb über punktuelle Bündnisse mit der AfD nachdenken, waren verärgert. Es blieb dem aufstrebenden Stern der CDU, Jens Spahn, überlassen, das Durcheinander zu ordnen.

Merz neigt zu impulsiven Entscheidungen, und manchmal lässt er auch strategischen Weitblick vermissen. Mit viel Getöse und 551 Fragen an die Regierung beschwerte sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion darüber, dass die Ampelkoalition ein System errichtet hatte, das an illegale Parteienfinanzierung erinnert. Linke NGO werden grosszügig staatlich alimentiert und protestieren dann gegen «rechts», also gegen die Union und die AfD.

Der Unmut war berechtigt. Merz hätte nur bedenken sollen, dass er bald mit den Sozialdemokraten, also den Urhebern des linken Schlaraffenlandes, koalieren würde. Diese setzten durch, dass das Finanzierungssystem erhalten bleibt.

War die Empörung der Union nur Show, oder liess sich Merz in den Koalitionsverhandlungen über den Tisch ziehen, weil ihm nichts wichtiger ist als die Kanzlerschaft?

Merz hat nicht nur wegen der Zerstörung der im Wahlkampf noch für sakrosankt erklärten Schuldenbremse an Glaubwürdigkeit eingebüsst. Es sind viele kleine Einzelereignisse, die dafür sorgen, dass er Vertrauen verloren hat und die AfD inzwischen in Umfragen vor der Union liegt.

Eine Desillusionierung ist in der Politik unvermeidlich, doch meist setzt diese nach der Regierungsbildung ein. Ein solcher Fehlstart schon vor Aufnahme der Amtsgeschäfte ist präzedenzlos. Merz hat ihn sich selbst zuzuschreiben, weil er mit donnernder Rhetorik Positionen eingenommen hat, die er nun räumen muss. Er ist ein scharfer Denker und ausgezeichneter Redner. Das allerdings ist auch seine Achillesferse.

Merz verlässt sich ganz auf seine intellektuellen Gaben. Die menschliche Seite der Politik, die Pflege von Beziehungen und gegenseitiger Loyalität, gehört nicht zu seinen Stärken. Oft wirkt er schroff und abweisend.

Solche Charakterfragen mögen Merz den Beginn seiner Kanzlerschaft erschweren, die grösste Herausforderung seiner Amtszeit ist jedoch eine machtpolitische: Der liberale Konservatismus muss seine Bedeutung im Zeitalter von Nationalismus und Populismus verteidigen. Von Deutschland hängt es wesentlich ab, ob diese gemässigte Bewegung überlebt oder ob sie zwischen den Mahlsteinen dogmatischer Ideologien zerrieben wird.

In Italien ging der pragmatische Konservatismus schon vor langem unter; vielleicht reanimiert ihn Giorgia Meloni. In Frankreich kann auch ein fragwürdiges Gerichtsurteil nicht verhindern, dass die Partei von Marine Le Pen beste Chancen besitzt, die nächste Präsidentenwahl zu gewinnen. In Osteuropa dominiert ohnehin der Nationalismus als die historische Hypothek der Vielvölkerimperien von Habsburgern, Osmanen und Romanows.

In Amerika schliesslich hat Donald Trump die Republikaner derart umgepflügt, dass diese auf Dauer eine aktivistische Krawallpartei zu werden drohen. Der Westen, ohnehin mehr Wunschbild als Realität, scheint sich von den Werten der Aufklärung zu verabschieden.

Noch steht Deutschland wie ein Fels in der Brandung. Ob dies allerdings in vier Jahren noch der Fall sein wird, ist ungewiss.

Der künftige Kanzler sitzt in einer Falle, die er sich selbst gestellt hat

Man darf Umfragen nicht überschätzen. Der Höhenflug der AfD aber ist nicht nur das Produkt der momentanen Unzufriedenheit mit Schwarz-Rot und einer lausigen Stimmung im Land der Dauernörgler. Der künftige Regierungschef versteht sich als Antithese zu Angela Merkel und ihrer Neigung, den grossen Problemen der Zeit mit zumutungsarmen Provisorien zu begegnen.

Allerdings muss Merz erst noch beweisen, dass seine kernigere Interpretation des Konservatismus in Zukunft genauso Mehrheiten sichern kann wie Merkels linksliberaler Streichelzoo. Seinen Wahlsieg verdankt er nicht eigener Stärke, sondern der Selbstdemontage der «Ampel». Jetzt muss er selbst überzeugen.

Merkel machte die AfD gross, indem sie das Erbe des Konservatismus unzimperlich entsorgte. Wer sich eine Union wünschte wie die von Franz Josef Strauss oder Helmut Kohl, musste zu dem Startup am rechten Rand wechseln. Im Grund erfand Merkel ihre Partei genauso neu wie Trump die Grand Old Party. Damit zog sie so viele potenzielle Wähler von SPD und Grünen an, dass sie 16 Jahre komfortabel regierte – davon 12 Jahre mit den Sozialdemokraten.

Merkels Ambitionslosigkeit folgte der Einsicht, dass man in einem Bündnis mit dem Gegner zu lauter Formelkompromissen genötigt wird. Merz hingegen proklamiert den «Politikwechsel»: keine illegale Migration, mehr Marktwirtschaft und weniger gesellschaftspolitische Experimente. Der Anspruch richtet sich gegen die «Ampel», aber genauso gegen Merkel und ihre weichgespülte Allparteienlogik.

Mit seinem Verbalkonservatismus verschreckt Merz allerdings die Mitte-links-Wähler. Zugleich gelingt es ihm nicht, die AfD klein zu machen. Im Gegenteil, er führt ihr neue Wähler zu, weil sich ein fauler Kompromiss an den anderen reiht: bei der Wehrpflicht, beim Mindestlohn, bei der Rente, der Atomenergie. Auf der nach unten offenen Merkel-Skala der Ambitionslosigkeit setzt der Koalitionsvertrag neue Massstäbe.

Allenfalls ein schuldenfinanzierter Konjunkturaufschwung mit Rüstungsaufträgen und Investitionen in die Infrastruktur kann da der Popularität der Regierung noch aufhelfen. Doch dazu müssen sich die Parteien erst über die Verwendung des Jackpots von einer Billion Euro einigen. Die Koalition wäre nicht der erste Lottogewinner, dem der Geldsegen nur Streit und Unfrieden bringt.

Merz hat sich selbst eine Falle gestellt, als er den Politikwechsel ausrief, obwohl eine Koalition mit der SPD praktisch feststand. Nun hat er Erwartungen geschürt, denen er kaum gerecht werden kann. Das ähnelt verdächtig einem Himmelfahrtskommando.
Der künftige Kanzler will etwas verändern. Der Ausweg aus dem Stillstand und dem schwarz-roten Elend führt jedoch über die Zusammenarbeit mit der AfD. Das würde die CDU zerreissen. Deshalb schliesst Merz die einzige Option aus, die ihm Handlungsfreiheit gibt – und sei es als Drohkulisse.

Das Dilemma entscheidet nicht nur über die Zukunft der Union. Merz setzt alles auf eine Karte und hofft, der AfD das rechtsbürgerliche Milieu abspenstig zu machen. Scheitert er, wäre das ein Schlag für den liberalen Konservatismus in Europa.

Noch ist Deutschland ein Stabilitätsanker.

Ob die angekündigte Zäsur in der Asylpolitik allein ausreicht, um der CDU wieder die Dominanz im rechten Wählersegment zu verschaffen, ist eine riskante Wette. Zumal selbst ein Ende der illegalen Migration deren negative Folgen nicht zum Verschwinden bringt. Längst sind so viele Personen im Land, dass sich die Demografie verschiebt.

Reüssiert Merz nicht, haben Union und SPD in vier Jahren keine Mehrheit mehr. Solange ein Pakt mit der AfD des Teufels ist, bleibt dann nur eine Dreierkoalition mit den Grünen. Auch das würde die Implosion der deutschen Politik bedeuten.

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